I had a dream
Demokratie
von unten
Die Wirklichkeit grau in grau:
Egal, welche Parteien die Regierung stellen, es kommt immer die
gleiche, nicht zukunftsfähige Politik heraus. Man denke nur an
den
seit Bismarck einschneidendsten
Abbau der
Sozialgesetze durch Rotgrün. Auch die in den damaligen Wahlaussagen
überzeugend
als Heilsbotschaft propagierte ökologische Steuerreform war schnell vergessen, die
neben
dem Umwelteffekt das Sozialsystem wirklich entlastet hätte.
CDU, CSU und FDP hätten sich an solche menschenverachtenden
Gesetze
nicht wagen dürfen, ohne einen erbitterten Volksaufstand zu
riskieren.
Die SPD hat unter Schröder das Vertrauen der Wähler ebenso rücksichtslos wie
unsinnig brutal mißbraucht. Die Grünen haben tatenlos und –
noch
schlimmer – klaglos zugesehen. Der soziale Frieden ist der
wichtigste
Wirtschaftsfaktor. Ohne ihn hätte es das sogenannte
Wirtschaftswunder
nicht gegeben.
Man denke auch an den seit 40 Jahren währenden Stillstand der
Umweltpolitik.
Unsere Politiker haben ein deckungsgleiches Strickmuster, das
durch ein
bisher nicht als undemokratisch erkanntes Auswahlsystem in
allen
Parteien auf Dauer festgeschrieben ist:
Kleine Cliquen legen unangefochten fest, wer für die
Parlamentswahlen
kandidieren darf. Die Parteimitglieder füllen ihre Wahlzettel
bei den
Aufstellungsversammlungen und Delegiertenwahlen bedenkenlos
offen aus,
sodaß die Umsitzenden zuschauen können und die linientreue
Abstimmung
gesichert ist. Wir Wähler müssen die Kandidaten akzeptieren,
die uns
die Parteien anbieten. Das zu ändern ist also dringend
notwendig.
Im Grunde bestehen die Parteien nur als Selbstzweck und
erweisen sich als die schwerste Belastung für die richtig verstandene
Demokratie.
Wir bräuchten keine Parteien. Parlamentswahlen wären viel
einfacher mit leeren Stimmzetteln durchzuführen, in die jeder Wähler die
Persönlichkeiten eintragen könnte, von denen er sich
vertreten lassen will. Auch die Auszählung wäre zu meistern. Wer die meisten
Stimmen bekäme, wäre gewählt.
... und zwar ohne Gesetzesänderung und ohne
Revolution. Dafür müssen nur sehr viele nachdenkliche Bürger
Mitglied irgendeiner Partei werden und dort auf der gesetzlich
unverzichtbar vorgeschriebenen geheimen Abstimmung bestehen und
dann
dafür sorgen, daß endlich die geistig und moralisch Besten der
Besten
kandidieren können, ohne wie jetzt von dem fest eingewurzelten Mittelmaß
ausgebremst zu werden. Dafür reicht die pünktliche Zahlung des
Mitgliedsbeitrags und das Erscheinen bei der
Aufstellungsversammlung
bzw. den vorausgehenden (selbstverständlich auch geheim
durchzuführenden)
Delegiertenwahlen aus.
Das wäre alles. Sicher würden viele darüber hinaus auf den Geschmack kommen, sich auch sonst in der Partei zu engagieren
Eine Vervielfachung der Mitgliederzahl würde die Parteien
zugleich von
der vermeintlichen Abhängigkeit von Sponsoren und Großspendern
befreien. Vielleicht wäre dann auch endlich durchsetzbar,
Parteispenden aller Art zu verbieten und auch die Höhe der
Mitgliedsbeiträge auf ein menschengerechtes Maß zu begrenzen.
Die
Parteien bekommen ja auch üppig die Wahlkampfkosten vom Staat
erstattet.
Also Mindestbeitrag zahlen, hie und da Macht an die Richtigen
delegieren und ab sofort viel sorgloser Tango tanzen und alles das
machen, was es sonst derzeit noch Schönes und Wunderbares gibt! Oder
sich nach Belieben auch sonst in die Partei einbringen.
Die Mindestbeiträge sind:
SPD 5 € monatlich , Studenten,Auszub etc. 2,50 €
CDU 5 € monatlich
CSU 50. € jährlich
Die Grünen 9.-- € Monatsbeitrag, Jugend 20.--€ Jahresbeitrag
FDP 8.-- € monatlich
Freie Wähler unbekannt
Die Linke 1,50 € monatlich
ÖDP 6,– € monatlich , Familienbeitrag 6,50, ermäßigter Beitrag
1,–.
Allein das Vertrauen auf den Rechtsstaat und seinen Richtern, für die in allen
Wahlgesetzen, dem Parteiengesetz und dem Grundgesetz vorgeschriebene
geheime, freie Abstimmung zu sorgen, reicht nicht aus
denn unsere obersten Richter verweigern sich, für mehr Demokratie
zu sorgen. Die nachfolgend wiedergegebene Verfassungsbeschwerde
beim
Bundesverfassungsgericht wurde ohne Begründung nicht
angenommen. Dabei
wäre eine Begründungspflicht für Gerichtsentscheidungen eines
der
wesentlichsten Merkmale des Rechtsstaats. Man macht es sich
sehr sehr
einfach: Wenn es kein Rechtsmittel mehr gibt, sei eine
Begründung
überflüssig. Die Nachvollziehbarkeit einer Gerichtsentscheidung
sollte aber nicht nur für die höhere Instanz möglich sein. Wenn
sich
die Richter wirklich mit einem Fall befaßt haben, ist die
Niederschrift der maßgebenden Überlegungen ein Kinderspiel.
Richter
sind auch nur Menschen und damit können sie eine Entscheidung
auch einmal aus dem Gefühl heraus, also willkürlich, treffen, wenn sie keine Begründung
mitliefern müssen.
Rechtsprechung ist ja auch immer beispielgebend.
Nachvollziehbare
Entscheidungen haben damit immer einen hohen Verbreitungsgrad
und geben
eine Orientierungshilfe.
Ich habe mich inzwischen an den Europäischen Gerichtshof gewandt..
Auch die Europawahl und die Bundestagswahl habe
ich angefochten, darüber hat zunächst der Bundestag zu entscheiden.
Gegen dessen Entscheidung kann das Bundesverfassungsgericht als
Fachgericht angerufen werden, wenn das mindestens hundert
Wahlberechtigte beantragen. Aus dieser Entscheidung kann sich das
Bundesverfassungsgericht dann nicht heraushalten. Wenn Sie sich
vorstellen können, den Antrag mit zu unterschreiben, wäre ich Ihnen für
die Mitteilung Ihrer Adresse an a@mayer-online.net sehr dankbar.
Alfred Mayer ,
geb. 15.11.1936 81827 München, den 26.07.2011
Telefon
089/4304127 Waldtruderinger Str. 6
Telefax
089/43988623
Email: a@mayer-online.net
www.alfredmayer.de
Bundesverfassungsgericht
Schloßbezirk 3
76131 Karlsruhe
gegen die Zurückweisung meines
Wahleinspruchs gegen die letzte Bundestagswahl
Aktenzeichen
des Bundestages: WP 83/09
hier: Ablehnung wegen Befangenheit
Gegen den Beschluß des Bundestags vom 7.
7.2011 erhebe ich Beschwerde .
Der Beschluß liegt bei.
Was als Teil des Wahlvorganges in den
Parteien geschieht, ist nicht "Privatsache". Nach der Verfassung geht
alle Macht vom Volke aus. Wahlen könnten auch so gestaltet sein, daß alle
Bürger jeden Bürger wählen könnten. Das wäre ganz einfach. Parteien wären nicht
nötig. Diese Version steht aber nicht zur Debatte und braucht deshalb auch
nicht groß in den Entscheidungsgründen ausgeführt werden.
Die Verfassungsväter haben sich nun mal
für die Parteiendemokratie entschieden. Auch gut. Denn jeder unbescholtene
Bürger kann wie ausgeführt Mitglied einer Partei werden. und könnte damit bei der Delegiertenwahl mitbestimmen oder als zum
Delegierten gewählt werden und damit direkt oder indirekt mitbestimmen, wer für
die Wahl zum Parlament kandidieren darf und wer nicht.
Die geheime Abstimmung soll nicht nur den
Stimmberechtigten schützen, sondern auch die Gesellschaft vor undemokratisch
zustande gekommene Kandidaturen und Mandate. Jeder Bürger ist von den
Folgen einer nicht demokratisch zustande gekommenen Auswahl
betroffen. Es geht darum, möglichst fähige und charakterfeste,
unbestechliche Menschen in die
Parlamente zu schicken. Das wäre heute so wichtig wie noch nie. Im
Umweltbereich und in der Wirtschaft sind
massiv einschneidende Entscheidungen notwendig. Dafür brauchen wir
wirklich nur ihrem Gewissen verantwortliche Politiker. Es darf nicht mehr sein,
daß sie einem Fraktionszwang dadurch unterworfen sind, daß die gleichen Leute,
die ihnen Entscheidungen gegen ihr Gewissen abverlangen von der Basis mangels
Schutzes des Wahlgeheimnisses unbeeinflußbar darüber entscheiden, ob sie für
die nächste Wahlperiode wieder kandidieren dürfen oder nicht.
Es kann nicht so bleiben, daß wenige
Personen bestimmen können, wer überhaupt zur Wahl steht und uns letztlich in
den Parlamenten vertritt.
Ziel der Wahlrechtsbeschwerde:
Da geheime Abstimmung
bereits im Wahlgesetz und im Parteiengesetz vorgeschrieben ist,
ist lediglich noch klar zu
stellen, was unter geheimer Abstimmung zu verstehen ist und ob die
Stimmberechtigten darauf verzichten können.
Demokratie ist die einzige
nachhaltige, lebenswerte Regierungsform.
Die Idee der Demokratie, möglichst viele Bürger mitentscheiden zu lassen, ist
ein Erfolgsmodell.
Jeder Bürger kann
Mitglied einer Partei werden und muß
dort frei mitbestimmen können, was nur durch geheime Abstimmung möglich
ist. Deshalb hat das Wahlgeheimnis ja auch Verfassungsrang, auch für die
Aufstellungsversammlungen in den Parteien.
Die politischen
Vorstellungen lassen sich nicht alle in eines der von den Parteien vorgegebenen
Schemen einpassen. Wer in keines der Parteiprogramme paßt, hat bei der
gewohnten offenherzigen Abstimmungsweise keine Chance, als Kandidat aufgestellt
zu werden, obwohl er vielleicht bei einer schweigenden Mehrheit der Parteimitglieder
auf Zustimmung stößt und seine Meinung die objektiv richtige ist. Der noch nie
so da gewesene Wandel in fast allen Bereichen macht aber abweichende
Programmatik erforderlich, wenn diese Gesellschaft weiter Bestand haben soll.
Wie sich grundlegende Programmpunkte innerhalb von 6 Monaten um 180 ° drehen
können, zeigen die Ereignisse um die Verlängerung der Laufzeiten der
Kernkraftwerke.
Das Mittelmaß hätte
keine Chance mehr, immer wieder für Nachwuchs des gleichen Kalibers zu sorgen
und Begabungen auszubremsen wo es nur geht.
Wer zur Demokratie steht, muß konsequenterweise auch dafür sorgen, daß
wirklich jeder mitentscheiden kann, soweit das zu organisieren ist.
Die geheime Abstimmung
in Aufstellungsversammlungen ist organisierbar. Das ist eine der
leichtesten Aufgaben, die auf uns warten, ja uns lebensbedrohlich bedrängen.
Das Wahlgeheimnis ist aber schon
von seinem Wesen her unverzichtbar.
Nicht bloßer
Formalismus:
Demokratie ist die einzige nachhaltige, lebenswerte Regierungsform, wenn die Regierenden die Verfassung achten. Nach der Verfassung geht alle Macht vom Volke aus, also muß ein Höchstmaß an Mitsprache und Mitentscheidung jedes Bürgers ermöglicht werden. Grenzen dürfen allein durch die Organisierbarkeit gezogen werden. Die Macht wird delegiert, aber die Delegation muß immer wieder neu von jedem einzelnen Bürger aus erfolgen, zum Beispiel durch Wahlen, bei denen zum Beispiel jeder Bürger in einem pyramidenförmigen Abstimmungsprozeß mit bestimmen können muß, wer zur Wahl gestellt wird. In den großen Parteien werden zum Beispiel in vielen Regionalversammlungen Delegierte in die Aufstellungsversammlung gewählt. Auch die Wahl der Delegierten muß kraft Gesetzes geheim erfolgen.
Jeder Bürger kann Mitglied einer Partei werden und muß
dort frei mitbestimmen können, was nur durch geheime Abstimmung möglich
ist. Deshalb hat das Wahlgeheimnis als Teil des Rechts auf freie Wahlen auch
Verfassungsrang, auch für die Aufstellungsversammlungen und die
vorausgehenden Delegiertenwahlen in den Parteien als wesentlicher
Bestandteil des Wahlvorganges.
Wenn jedes Parteimitglied ein echtes Mitentscheidungsrecht hätte, würde es wieder mehr Parteieintritte und Kandidaturen – auch von Idealisten und nicht in erster Linie Karrieristen – geben.
Das Mittelmaß hätte weit weniger Chancen, immer wieder für Nachwuchs des gleichen Kalibers zu sorgen und Begabungen auszubremsen, um die eigene Position nicht zu gefährden.
Wer zur Demokratie steht, muß konsequenterweise
auch für ein Höchstmaß an Mitsprache und Mitbestimmung sorgen, daß also
wirklich jeder mitentscheiden kann, soweit das zu organisieren ist.
Die geheime Abstimmung in Aufstellungsversammlung ist organisierbar. Das ist eine der leichtesten Aufgaben, die auf uns warten, um den Fortbestand unserer Zivilisation zu sichern.
Kosten einer
Wahlwiederholung
sind ein Klacks gegenüber den Schäden durch eine
inkompetente Regierung. Ich erspare mir die Nennung der katastrophalen
Entscheidungen und Fehlleistungen der letzten Jahre, Monate und Wochen.
Wahlanfechtungsrecht
als schwere Bürde für die Gerichte
Die Regelungen für die Wahlanfechtung in den unterschiedlichen Wahlgesetzen lassen nicht zu, daß ein vor der Wahl entstandener und noch behebbarer Mangel noch vor der Wahl gerichtlich beanstandet werden kann.
Ferner führt aus unerfindlichen Gründen schon der Fehler einer einzigen Partei zur Aufhebung und Wiederholung der ganzen Wahl.
Das lädt den Gerichten die Bürde auf, durch die korrekte Anwendung des Gesetzes
Millionenschäden entstehen zu lassen.
Das zu korrigieren ist aber nicht Aufgabe der Gerichte, sondern der Politik. Die Justiz sollte sich nicht zu „staatstragenden“ Entscheidungen gezwungen sehen.
Zur Psychologie der
Stimmberechtigten
Keine Partei wird mit Druck Stimmberechtigte zum offenen Abstimmen zwingen.
Vielmehr entsteht der Druck durch die begründete oder unbegründete Befürchtung des Abstimmenden, das verdeckte Abstimmen könnte als unsolidarisches Verhalten gedeutet werden und ihm Nachteile einbringen.
In Wirklichkeit braucht also der Stimmberechtigte nicht um sein Recht auf seine eigene geheime Abstimmung kämpfen. Es ist ganz einfach niemand da, gegen den er kämpfen könnte. Die Folgen einer Normabweichung sind im Ungewissen. Wer nicht unangenehm auffallen will, folgt dem vorgegebenen Trend und kann dann unbesorgt offen abstimmen.
Auch das erhellt, daß die einzige Abhilfe nur die zwingende geheime Abstimmung in dafür der Einsicht entzogenen Bereichen sein kann. Es hätte auch keinen Sinn sich als Einziger als Musterschüler bloß zu stellen, da in der Regel eine einzige Stimme nichts verändert.
Bei wirklich geheimer Abstimmung ist aber je nach „Wetterlage“ mit wesentlich mehr „Abweichlern“ zu rechnen
Die bisherige Praxis hat noch dazu zur Folge, daß sich auf viele Plätze nur jeweils die Interessenten melden, die vom Vorstand dafür vorgesehen sind. Damit entscheidet der Vorstand abschließend über die Reihenfolge und darüber, ob jemand überhaupt kandidieren darf und nicht die Versammlung.
Erfahrungen mit der
DDR
In der DDR war das bei uns in den Parteien geübte Wahlverfahren im öffentlichen Wahllokal üblich. So gut wie alle Bürger füllten ihre Stimmzettel offen aus. Das führte zu Wahlergebnissen von nahe 100 % zugunsten des bestehenden Systems.
Genau dieser hohe Zustimmungsgrad ist bei den Abstimmungen in den Parteien nicht selten, auch bei den Aufstellungsversammlungen.
Bei uns sieht zwar nicht zu Stasi zu, aber wesentlich geringfügigere Nachteile reichen schon aus, um sich systemgerecht zu verhalten.
Die absolute Abhängigkeit der Abgeordneten von den (in der Regel auch nicht frei gewählten) parteilichen Auswahlgremien zwingt die nach der Verfassung nur ihrem Gewissen verantwortlichen Abgeordneten zum Fraktionszwang und zur äußersten Zurückhaltung in parlamentarischen Debatten. Reden darf de facto nur, wer vom Fraktionsvorstand die Erlaubnis erhält. Wer von seinen parlamentarischen Rechten voll Gebrauch machen würde, würde bei der nächsten Wahl nicht mehr aufgestellt. Damit wird die Parlamentsarbeit auch nur von wenigen Leuten bestimmt. Oft von den gleichen, die über die Wiederaufstellung bei der nächsten Wahl bestimmen.
Könnten die Delegierten geheim, also frei, abstimmen,
könnten sich in der Parlamentsarbeit erfreuliche und zukunftsträchtige
Änderungen ergeben, die sich die Väter
des Grundgesetzes gewünscht haben dürften und auch das Anliegen jedes redlichen
Bürgers sein müßten
Die Auswahlgremien können nicht immer die Möglichkeiten eines Bewerbers, hohe Parteispenden, unbeachtet lassen. Wenn also nicht mehr die Vorauswahl durch Gremien entscheidend wäre, könnte auch der ausufernde Lobbyismus eingedämmt werden.
Ich vermute, daß in keinem Land der Welt auf geheime
Abstimmung bei der Kandidatenaufstellung geachtet wird. Die rund um den Erdball
tätigen Wahlbeobachter der UN achten vermutlich nur auf den öffentlichen Teil
der Wahl. In vielen Ländern haben die Wähler auch keine richtige Auswahl. Wie
abgeschwächt bei uns hat man auch dort nur die Wahl zwischen Skylla & Karyptis.
Ein demokratischeres Auswahlverfahren könnte auch
dort einiges ändern.
Es geht also um mehr als auf den ersten Blick
erkennbar und es sollte sich bald etwas ändern, nicht erst nach vielen Jahren
durch die Europäische Gerichtsbarkeit.
Erstes
„Einlenken“ in der CDU
Losgelöst von diesem Verfahren hat die CDU in NRW
in einer Handreichung genau das ihren Kreisverbänden empfohlen, das wir vor dem
Verfassungsgerichtshof erreichen wollen. Dort wird zwar auch davon ausgegangen,
daß für die Aufstellungsversammlung keine gesetzlichen Vorgaben wie im
öffentlichen Wahllokal bestehen, die geheime Abstimmung aber gesichert sein
müsse, was nur durch den Zwang zur Nutzung von Wahlkabinen erreichbar sei.
Die
Bewerber und ihre Reihenfolge müssen durch die Aufstellungsversammlung in
geheimer
Abstimmung
bestimmt werden. Werden die Bewerber und ihre Reihenfolge
durch
eine Delegiertenversammlung nominiert, müssen auch die Delegierten für die
Delegiertenversammlung
durch
die Mitglieder- oder Anhängerversammlung in geheimer
Abstimmung
bestimmt werden (§ 17 Abs. 2 KWahlG).
Die
an die geheime Abstimmung zu stellenden Anforderungen bestimmen sich nach
dem
Ziel, sicherzustellen, dass
1.
jede abstimmende Person unbeobachtet von anderen Versammlungsteilnehmern
ihren
Stimmzettel ausfüllen kann und auch tatsächlich ihren Stimmzettel
verdeckt
kennzeichnet (Unterbindung von offenen Stimmabgaben)
und
geheim
bleibt.
zu
tragen, dass das Abstimmungsgeheimnis während und nach der Stimmabgabe gewahrt
bleibt.
gelten
nicht die gleichen Vorschriften und Standards wie für die allgemeinen
Kommunalwahlen
am Wahltag in den Wahllokalen. Gleichwohl empfiehlt
es
sich, bestimmte Standards, die bei allgemeinen Wahlen zwingend vorgeschrieben
sind,
einzuhalten:
Zur
Sicherung des Abstimmungsgeheimnisses sind bestimmte Schutzvorrichtungen wie
Abstimmungskabinen
nicht zwingend vorgeschrieben. Voraussetzung hierfür ist
aber,
dass auch ohne Bereitstellung entsprechender Schutzvorrichtungen die
Stimmzettel
verdeckt
gekennzeichnet und ohne Einblicknahme anderer Versammlungsteilnehmer
abgegeben
werden können. Diese Voraussetzung dürfte regelmäßig nicht gegeben
sein,
wenn die Aufstellungsversammlung in einem – gemessen an der Anzahl der
erschienenen
Versammlungsteilnehmer
– kleinen Raum stattfindet. In einem solchen Fall
kann
also die Bereitstellung von geeigneten Schutzvorkehrungen wie
Abstimmungskabinen
sogar
geboten sein. Infolgedessen kann die Frage nach dem Erfordernis solcher
Schutzvorkehrungen
immer nur auf Grundlage der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles
entschieden
werden.“
http://www.kpv-nrw.de/downloads/Handreichung_Kandidatenaufstellung_KWahl_2009_V_Rum_.pdf
Es wird schlicht übersehen, daß die Kür der Kandidaten
sogar der entscheidendste, folgenreichste, konzentrierteste Teil der Wahl ist. Schon wenige Stimmen
entscheiden dabei, ob bestimmte Personen kandidieren dürfen oder nicht und an
aussichtsreicher oder nicht aussichtsreicher Stelle der Liste, während sich im öffentlichen
Wahllokal am Abstimmungsergebnis kaum etwas ändern würde, wenn auch dort die
Pflicht aufgehoben werden würde, zwingend hinter Wahlblenden abzustimmen.
Dem hat bereits der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen,
daß in allen Wahlgesetzen und im Parteiengesetz die geheime Abstimmung
vorgeschrieben ist.
Auf die Wähler darf von keiner Seite ein irgendwie gearteter Druck
ausgeübt werden, zugunsten oder zuungunsten eines Kandidaten, einer Partei
(oder auch einer Wahlenthaltung). Diese Freiheit der Wahl sollte eigentlich
selbstverständlich sein: Wo Druck ausgeübt wird, kann es keine demokratische
Wahl geben.
Niemand darf durch irgendeine Kontrolle erfahren, wie ein anderer
gewählt hat. Deshalb muss rechtlich und organisatorisch – beispielsweise durch
Wahlzellen, amtliche Stimmzettel und versiegelte Wahlurnen gewährleistet
werden, dass die Entscheidung des Wählers nicht von anderen erkennbar ist.
(Entnommen aus
Die Bundestagswahl - frei, gleich, geheim: Die Grundlagen
des geltenden Wahlrechts sind schlicht und klar | Suite101.de http://www.suite101.de/content/die-bundestagswahl-frei-gleich-geheim-a58642#ixzz1Kv0cdOKY
)
Diese Grundsätze sind im öffentlichen Wahllokal verwirklicht und werden auch, ganz im Gegensatz zur früheren DDR, eisern überwacht. Es wird nicht geduldet, daß ein Wähler außerhalb der Wahlblenden seinen Stimmzettel ausfüllt.
Warum soll das für die Auswahl der Kandidaten, dem wichtigsten Teil der Wahl
nicht mindestens genau so gelten ? Nur deshalb, weil es keine ausdrückliche
gesetzliche Bestimmung dahingehend gibt, für das öffentliche Wahllokal aber in
den sog. Wahlordnungen, also Gesetzen minderer Ordnung, ausdrücklich vorgeschrieben ist. ?
Oder gar, weil im amtlichen Formular für die Aufstellungsversammlung
Wahlkabinen nicht erwähnt sind ?
Da es sich bei der Aufstellung der Kandidaten und der öffentlichen Wahl um untrennbar zusammenhängende Teile der Wahl handelt, die zumindest gleich gewichtig sind, müssen die Grundsätze für den öffentlichen Wahlvorgang analog auch für die Kandidatenaufstellung angewendet werden. Es kann den Delegierten nicht freigestellt werden, ob sie die Stimmzettel offen oder verdeckt ausüben wollen.
Niemand darf durch irgendeine Kontrollmöglichkeit erfahren können, wie ein anderer gewählt hat. Das offene Ausfüllen der Stimmzettel ist eine Möglichkeit zu kontrollieren, die einschüchtert, ganz gleich ob sie tatsächlich ausgeübt wird oder nicht.
Es darf kein irgendwie gearteter Druck ausgeübt werden, zugunsten oder ungunsten eines Kandidaten zu stimmen . Dieser Druck ist beim offenen Ausfüllen der Stimmzettel auch dann gegeben, wenn die Möglichkeit einer verdeckten, aber nicht verpflichtend verdeckten, Abstimmung besteht. Wäre es anders, wäre unnötig, die geheime Abstimmung vorzuschreiben, denn abdecken kann ein Stimmberechter auch ohne ausdrückliche Erlaubnis.
Die Beachtung des Wahlgeheimnisses ist nicht nur erlaubt, sondern zwingend vorgeschrieben.
Bei diesen Erwägungen ging es um den Schutz der Stimmberechtigten vor Repressionen als Folge eines bestimmten Abstimmungsverhaltens. Darüber hinaus hat aber auch jeder (von der Auswahl der Kandidaten ja ausgeschlossene) Wähler wenigstens den Anspruch, daß die ihm präsentierten Kandidaten in einem demokratischen Abstimmungsverfahren ausgewählt worden sind, was nur in wirklich geheimer Abstimmung denkbar ist.
Die Wirklichkeit sieht bei den in der Wahlanfechtung bezeichneten Parteien ja so aus, daß ein Gremium Kandidaten und deren Plazierung vorschlägt und die Delegierten sehr oft 1 : 1 so abstimmen, unter anderem auch deshalb, weil sie von den Umsitzenden beim Ausfüllen der Stimmzettel beobachtet werden können, und weil sie sich erst richtig als Abweichler zu erkennen und sich zumindest der Lächerlichkeit preisgeben würden, wenn sie eine der wenigen aufgestellten Wahlkabinen benützen würden.
Das Wahlgesetz hat nicht umsonst dem Bundesverfassungsgericht die Entscheidung über Wahlbeschwerden dieser Art übertragen. Dieses Gericht darf sich über Entscheidungen untergeordneter Gerichte oder über die „schon immer“ vertretenen Ansichten des Bundestags und in der Literatur hinwegsetzen
Das spielte sich bisher bei weiteren Wahlanfechtungen ab:
Beim
Bayerischen
Verfassungsgerichtshof lief
ein Verfahren über den Antrag von über 120
Wahlberechtigten, die
Landtagswahl 2008 wegen Verletzung
des Wahlgeheimnisses bei den Aufstellungsversammlungen der
Parteien für ungültig zu erklären. Zumindest bei CSU, SPD und
FDP
wurden die Stimmzettel in enger Sitzordnung offen ausgefüllt,
sodaß die wahlberechtigten Mitglieder nicht unbeobachtet frei
abstimmen konnten. Durch diesen Verstoß gegen das Wahlgesetz
kann die Zusammensetzung des Landtags beeinflusst worden
sein.
Es
geht um folgendes.
Nur die Parteien können Kandidaten für die Parlamentswahlen
benennen.
Deshalb muß jeder Bürger ein großes Interesse an einer
demokratischen Auswahl bereits in den Parteien haben. Wir
streben eine
verfassungsgerichtlichen Prüfung an, ob die in allen
Parteien übliche offene Abstimmungsform als geheime
Abstimmung zu
werten ist, wie in
allen Wahlgesetzen und auch in der Verfassung als
unveräußerliches Grundrecht festgeschrieben. Das von unseren
Vorfahren unter großen
Opfern erkämpfte Wahlgeheimnis hat seinen Sinn.
Jeder Stimmberechtigte soll
in seiner Entscheidung frei sein und nicht Gefahr laufen
müssen, auf
Grund seiner Wahl Repressalien ausgesetzt zu sein, und sei es
auch nur
schlichtem Mobing. Bei der Aufstellungsversammlung kann nichts
anderes
gelten als im öffentlichen Wahllokal.
Was als Teil des
Wahlvorganges in den
Parteien geschieht, ist nicht "Privatsache". Jeder Bürger ist
von
den Folgen einer nicht demokratisch zustande gekommenen
Auswahl
betroffen.
übermächtiger Einfluß von Sponsoren geben zu denken.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat sich inzwischen damit
befaßt und am 8.12.2009
entschieden.
Nachlesbar unter
http://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/47-III-09-Entscheidung.htm
Die
gegen
diese in sich widersprüchliche und bemüht "staatstragende"
Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde
hat
das Bundesverfassungsgericht "nicht angenommen". Das
Bundesverfassungsgericht Verfassungsverstössen von nicht
grundsätzlicher Bedeutung nicht nachgehen und kann sie ohne Begründung
einfach übergehen, also nicht annehmen.
Dagegen habe ich Beschwerde zum Eurpäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt.
Zuerst die wichtigsten Stichpunkte hierzu in Rot. Dann der Wortlaut in Grün:
Stichpunkte
zur Bedeutung der Wahlanfechtung für eine lebendige Demokratie und zu den
Auswirkungen einer erfolgreichen Anfechtung:
Ziel und Kernfrage des
Verfahrens
Geheime Abstimmung ist im Grundgesetz, in der
Bayerischen Verfassung, im Parteiengesetz sowie im Wahlgesetz unverrückbar
vorgeschrieben.
Es gilt klarzustellen, was
unter geheimer Abstimmung zu verstehen ist und ob die Abstimmenden darauf verzichten
können.
Geschütztes Rechtsgut
Geschützt ist nicht nur der
einzelne Stimmberechtigte vor der Offenbarung seiner politischen Gesinnung.
Vielmehr haben auch die Allgemeinheit und jeder einzelne Wahlbürger das Recht
auf ein lückenloses Zustandekommen der Legitimationskette zwischen Bürger und
Regierenden, die das Wesen der Demokratie ausmacht.
Das Wahlgeheimnis
soll nicht nur den Wählenden persönlich schützen, sondern auch die Gesellschaft
zur Sicherung einer demokratisch zustande kommenden Volksvertretung.
Damit bedarf keiner
weiteren Erläuterung, daß der einzelne Stimmberechtigte nicht auf das
Wahlgeheimnis verzichten kann.
Substantiierung
Ausreichend konkret
dargetan ist,
daß keinerlei Vorsorge getroffen worden sei, daß ausnahmslos jeder
Stimmberechtigte sich hätte gezwungen sehen müssen, die Stimmzettel verdeckt
auszufüllen. Wie das geschehen muß, schreibt das Gesetz zwar für die
Aufstellungsversammlung und die ihr vorausgehenden Delegiertenwahlen nicht
ausdrücklich vor. Bei verständiger Würdigung bleibt zur lückenlosen
Verwirklichung des Gebots der geheimen Wahl der Versammlungsleitung wohl keine
andere Möglichkeit, als die Benutzung von Wahlkabinen oder Wahlblenden
durchzusetzen. Zwangsmittel hat der Versammlungsleiter zwar nicht, es reicht
aber, wenn er (jedenfalls nach der hier angebahnten gerichtlichen Klärung der
Rechtslage) auf die Vergeblichkeit und die schwerwiegenden Folgen jeder anderen
Handhabung hinweist.
Auf Seite 28 der
Beschlußvorlage des Landtags zur hier gegebenen Wahlanfechtung ist
festgehalten, daß zwar Wahlkabinen aufgestellt waren, aber üblicherweise von
den Delegierten nicht genutzt würden. Die jederzeit in allen Parteien gegebene
Möglichkeit, mit der freien Hand oder dem weit nach vorne gelegten Oberkörper
geheim abzustimmen oder eine der da und dort sogar aufgestellten Wahlkabinen zu
nutzen, sichert die in der Verfassung garantierte freie Abstimmung nicht.
In der Ausschußsitzung über
die Wahlanfechtungen äußerte sich der Vorsitzende und Berichterstatter nach der
Vorstellung meiner Anfechtung wörtlich wie folgt:
„Das ist so. Es liegen aber
eidesstattliche Versicherungen vor, daß die Abstimmungen geheim erfolgt sind“
Der Mitberichterstatter
erklärte, überall seien Wahlblenden und Wahlkabinen aufgestellt gewesen. Es
habe aber keinen Zwang zur Nutzung gegeben.
Was bei der Abstimmung von Millionen
Wählern zu Recht zwingend vorgeschrieben und ohne weiteres möglich ist, muß
auch bei der Abstimmung von einigen hundert Stimmberechtigten gelten. Könnte
man die geheime Wahl auch ohne Wahlkabinen oder Wahlblenden sichern, wäre diese
Möglichkeit in den Wahllokalen für das Volk sicherlich schon erprobt worden.
Nicht bloßer Formalismus
Demokratie ist die einzige
nachhaltige, lebenswerte Regierungsform, wenn die Regierenden die
Verfassung achten. Nach der Verfassung geht alle Macht vom Volke aus,
also muß ein Höchstmaß an Mitsprache und Mitentscheidung jedes Bürgers
ermöglicht werden. Grenzen dürfen allein durch die Organisierbarkeit gezogen
werden. Die Macht wird delegiert, aber die Delegation muß immer
wieder neu von jedem einzelnen Bürger aus erfolgen, etwa durch Wahlen, bei
denen zum Beispiel jeder Bürger mit bestimmen können muß, wer zur Wahl
gestellt wird. In den großen Parteien werden zum Beispiel in vielen
Regionalversammlungen Delegierte in die Aufstellungsversammlung gewählt. Auch
die Wahl der Delegierten muß kraft Gesetzes geheim erfolgen.
Jeder Bürger kann Mitglied
einer Partei werden und muß dort frei mitbestimmen können, was nur durch
geheime Abstimmung möglich ist. Deshalb hat das Wahlgeheimnis als Teil des
Rechts auf freie Wahlen auch Verfassungsrang, auch für die
Aufstellungsversammlungen und die vorausgehenden Delegiertenwahlen in den
Parteien als wesentlicher Bestandteil des Wahlvorganges.
Zwischen Bürger und
Kandidaten ist die Legitimationskette unterbrochen, wenn bei der Kandidatenwahl
und der Wahl der Delegierten nicht frei gewählt werden kann.
Aufstellung der Kandidaten
Wahlvorbereitung oder Teil der Wahl ?
Das Verwaltungsgericht
München spricht in einem die Wahlanfechtung zurückweisenden Urteil vom 1.7.2009
von „vorbereitenden Listen“, an die ein geringerer Maßstab anzulegen sei. Das
ist eine unzulässige Verniedlichung. Denn immer wenn der Begriff „Vorbereitung“
gebraucht wird, werden keine endgültigen Entscheidungen getroffen. Ganz
anders die Aufstellungsversammlung. Sie legt endgültig und bindend fest, wer
den Wählern zur Auswahl steht und wer nicht. Alle nicht aufgestellten Personen
sind von der Wählbarkeit in der jeweiligen Partei für die laufende Wahl
ausgeschlossen. Es ist inakzeptabel, da von bedeutungslosen „vorbereitenden
Listen“ zu sprechen.
Während bei der
Kandidatenaufstellung alle wählbaren Bürger (Nicht nur Parteimitglieder)
einer Kommune zur Auswahl stehen, steht bei der Wahl selbst durch
den Bürger nur die Vorauswahl durch die Parteien zur Wahl. Warum da bei
der Kandidatenaufstellung geringere Anforderungen an die geheime Abstimmung
gestellt werden sollten, ist unerfindlich und „staatstragend“ zielorientiert.
Es kann nicht gesagt werden, daß in der Aufstellungsversammlung n u
r die Grundlage für die Wahl geschaffen werde. Denn es handelt sich um
den fast alles entscheidenden Teil der Wahl. Der in einer
Aufstellungsversammlung Abstimmende hat einen unvergleichlich höheren Einfluß
auf das Wahlergebnis als der Wähler im Wahllokal.
Das wird um so deutlicher,
wenn man sich mal vorstellt, was die idealste Form einer demokratischen Wahl
wäre. Man stelle sich vor, daß alle Bürger zur Wahl stehen würden, der Wähler
bei der Stadtratswahl z.B. in München bis zu 8o Namen beliebiger
Mitbürger auf den Wahlzettel setzen könnte. Gewählt wären die Personen, die die
meisten Stimmen bekommen hätten (Unmittelbare Demokratie). Obwohl nicht zu
erkennen ist, was einem solchen Wahlverfahren entgegenstehen sollte, hat sich
der Gesetzgeber für die viel kompliziertere Parteiendemokratie
entschieden (Mittelbare Demokratie). Dagegen will ich nicht anrennen. Die
Parteiendemokratie kann aber nicht dazu führen, daß in den Parteien
jeweils ein kleiner Kreis unter Ausschluß der Öffentlichkeit bestimmen können
darf, wer kandidieren darf und wer nicht, zumal auch der Kreis der Parteien
durch die 5%Klausel sehr begrenzt ist.
Wer in der Politik von
seinem Recht zur Mitbestimmung Gebrauch machen will, ist weitestgehend auf
die bestehenden Parteien angewiesen. Bei abweichender (vielleicht der
einzig richtigen und zeitgemäßen) Programmatik hat er ohne strikter Einhaltung
des Wahlgeheimnisses nicht die geringste Chance, von dem Auswahlgremium als
Kandidat vorgestellt zu werden. Er kann sich zwar ohne den Segen des
Auswahlgremiums um jeden Listenplatz bewerben, angesichts der offen
ausgefüllten Stimmzettel ist er aber chancenlos und wird „Extratouren“
bleiben lassen. Der noch nie so da gewesene Wandel in fast allen
Bereichen macht aber abweichende Programmatik und besonders qualifizierte
Volksvertreter erforderlich, wenn diese Gesellschaft weiter Bestand haben
soll.
Die Parteien drängen
sich in den Auswahlprozeß, der in der Idealvorstellung dem Wähler selbst
zustehen würde. Die Parteien haben zum Ausgleich dafür zu sorgen, daß die
Legitimationskette nicht durchtrennt wird bzw. die demokratischen Spielregeln
eingehalten werden. Parteien sind keine Vereine, die tun und lassen können, was
sie wollen.
Der Nationalsozialismus hat
in schauderhafter Weise gezeigt, wie wichtig eine demokratische Kontrolle der
Parteien ist.
Erwartungen
Wenn jedes
Parteimitglied ein echtes Mitentscheidungsrecht hätte, würde es wieder
mehr Parteieintritte und Kandidaturen – auch von Idealisten und nicht in
erster Linie Karrieristen – geben.
Das Mittelmaß hätte
weit weniger Chancen, immer wieder für Nachwuchs des gleichen Kalibers zu
sorgen und Begabungen auszubremsen, um die eigene Position nicht zu
gefährden.
Wenn wieder Kandidaten
mit Format zur Wahl stehen würden, wäre das auch ein Beitrag gegen die
vielbeschworene Wahlmüdigkeit und Wahlverdrossenheit.
Der Bundespräsident hat
für mehr Mitspracherechte der Bürger geworben. Würden die Kandidaten für
Wahlämter demokratisch bestimmt, wäre schon viel gewonnen. Das meinte der
wackere Präsident allerdings sicher nicht.
Der Umbruch in
Gesellschaft, Wirtschaft und Lebensbedingungen, Ökologie ist mit den
augenblicklichen Politikern nicht zu meistern. Wir brauchen möglichst viele
begabte und ethisch einwandfreie Menschen in der Politik. Überlebenswichtige
neue Ideen harren der Umsetzung.
Wer zur Demokratie steht, muß konsequenterweise
auch für ein Höchstmaß an Mitsprache und Mitbestimmung sorgen, daß also
wirklich jeder mitentscheiden kann, soweit das zu organisieren ist.
Die geheime Abstimmung
in Aufstellungsversammlung ist organisierbar. Das ist eine der
leichtesten Aufgaben, die auf uns warten, um den Fortbestand unserer
Zivilisation zu sichern.
Zur Psychologie der
Stimmberechtigten
Keine Partei wird mit
Druck Stimmberechtigte zum offenen Abstimmen zwingen.
Vielmehr entsteht der Druck
durch die begründete oder unbegründete Befürchtung des Abstimmenden, das
verdeckte Abstimmen könnte als unsolidarisches Verhalten gedeutet werden und
ihm Nachteile einbringen.
In Wirklichkeit braucht
also der Stimmberechtigte nicht um sein Recht auf seine eigene geheime
Abstimmung kämpfen. Es ist ganz einfach niemand da, gegen den er kämpfen
könnte. Die Folgen einer Normabweichung sind im Ungewissen. Wer nicht
unangenehm auffallen will, folgt dem vorgegebenen Trend und kann dann unbesorgt
offen abstimmen.
Auch das erhellt, daß die
einzige Abhilfe nur die zwingende geheime Abstimmung in dafür der Einsicht
entzogenen Bereichen sein kann.
Es hätte auch keinen Sinn,
sich als Einziger als Musterschüler bloß zu stellen, zumal in der Regel eine
einzige Stimme nichts verändert.
Bei wirklich geheimer
Abstimmung ist aber je nach „Wetterlage“ mit wesentlich mehr
„Abweichlern“ zu rechnen.
Die bisherige Praxis hat
noch dazu zur Folge, daß sich auf viele Plätze nur jeweils die
Interessenten melden, die aus dem Vorstandsbereich dafür vorgesehen sind. Damit
entscheidet der Vorstand abschließend über die Reihenfolge und darüber, ob
jemand überhaupt kandidieren darf und nicht die Versammlung.
Eine große Rolle spielt
auch, der Öffentlichkeit oder besser beschrieben der Presse Geschlossenheit zu
demonstrieren und damit die eigenen Vorstellungen der Delegierten
zurückzustellen.
Bezeichnend ist auch, daß
die Besetzung aussichtsreichen Listenplätze schon Wochen vor den
Aufstellungsversammlungen in den Medien als feststehend dargestellt wird.
Folgen in der
Parlamentsarbeit
Die absolute Abhängigkeit
der Abgeordneten von den (in der Regel auch nicht frei gewählten) parteilichen
Auswahlgremien zwingt die nach der Verfassung nur ihrem Gewissen
verantwortlichen Abgeordneten zum Fraktionszwang und zur äußersten
Zurückhaltung in parlamentarischen Debatten. Reden darf de facto nur, wer
vom Fraktionsvorstand die Erlaubnis erhält. Wer von seinen parlamentarischen
Rechten voll Gebrauch machen würde, würde bei der nächsten Wahl nicht mehr
aufgestellt. Damit wird die Parlamentsarbeit auch nur von wenigen Leuten bestimmt.
Oft von den gleichen, die über die Wiederaufstellung bei der nächsten Wahl
bestimmen.
Könnten die Delegierten
geheim, also frei, abstimmen, könnten sich in der Parlamentsarbeit erfreuliche
und zukunftsträchtige Änderungen ergeben, die sich die Väter des
Grundgesetzes gewünscht haben dürften und auch das Anliegen jedes redlichen
Bürgers sein müßten.
Lobbyismus
Die Auswahlgremien können
nicht immer die Möglichkeiten eines Bewerbers, hohe Parteispenden, unbeachtet
lassen. Wenn also die Vorauswahl durch Gremien nicht mehr entscheidend wäre,
könnte auch der ausufernde Lobbyismus eingedämmt werden.
Fehlbesetzung
des Gerichts
Der
Befangenheitsantrag gegen Parteimitglieder, die schon an Aufstellungsversammlungen
teilgenommen haben, nicht beachtet. Die Hinweise des Gerichts auf eine
Rechtsprechung dazu beziehen sich auf die Frage, ob Parteimitglieder überhaupt
Verfassungsrichter sein können. Hier geht es aber um die Befangenheit, eigenes
Verhalten beurteilen zu müssen.
Wenn
nicht genügend Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs parteifrei sein
sollten, müßte der Landtag weitere Mitglieder bestellen, um das Verfahren
durchführen zu können.
Verletzung
des rechtlichen Gehörs für die dem Verfahren beigetretenen Bürger
Damit
das Gericht das Verfahren überhaupt aufnehmen konnte, mußten mindestens 100
Stimmberechtigte dem Verfahren beitreten. Obwohl fast alle darauf
angesprochenen Bürger mein Anliegen plausibel hielten, stieß die Notwendigkeit
eines ausdrücklichen Beitritts auf Bedenken. Nur wenige wollten einem
Gerichtsverfahren beitreten.
Jetzt
stellt sich heraus, daß das Gericht nur mich zur Verhandlung geladen hat, weil
das Gesetz nur die Ladung des Antragstellers vorsehe.
Doch
wer einem Antrag beitritt, wird selbstverständlich auch zum
Antragsteller. Dabei spielt keine Rolle, daß der Antrag eine vorausgehende
Anfechtung voraussetzt, wenn das Gesetz ausdrücklich ermöglicht, daß auch
Bürger ohne eigene Anfechtung dem Antrag beitreten können und müssen.
Wer
seinen Kopf hinhalten muß, hat auch einen Anspruch auf Gehör und Mitwirkung.
Kosten einer
Wahlwiederholung
sind ein Klacks gegenüber den Schäden durch
eine inkompetente Regierung. Ich erspare mir die Nennung der katastrophalen
Entscheidungen und Fehlleistungen der letzten Jahre, Monate und Wochen.
Wahlanfechtungsrecht als
schwere Bürde für die Gerichte
Die Regelungen für die
Wahlanfechtung in den unterschiedlichen Wahlgesetzen lassen nicht zu, daß ein
vor der Wahl entstandener und noch behebbarer Mangel noch vor der Wahl
gerichtlich beanstandet werden kann.
Ferner führt aus
unerfindlichen Gründen schon der Fehler einer einzigen Partei zur Aufhebung und
Wiederholung der ganzen Wahl.
Das lädt den Gerichten die
Bürde auf, durch die korrekte Anwendung des Gesetzes
Millionenschäden durch
Neuwahlen entstehen zu lassen.
Das zu korrigieren ist aber
nicht Aufgabe der Gerichte, sondern der Politik. Die Justiz sollte sich nicht
zu „staatstragenden“ Entscheidungen gezwungen sehen.
Eidesstattliche Versicherung
Die von den Parteien in
aller Unschuld vorgelegte eidesstattliche Versicherung, wonach die
Abstimmungen in der Aufstellungsversammlung geheim durchgeführt worden sei,
geht von dem seit Jahrzehnten gepflegten naiven Verständnis aus, daß das
Wahlgeheimnis erst mit der Abgabe der (zusammengefalteten) Stimmzettel zu
beachten und freigestellt sei, ob man sich beim Ausfüllen der Stimmzettel
zuschauen läßt oder nicht.
Ein Erfolg der Klage würde
keine Meineidsverfahren nach sich ziehen. Also auch da sind dem Gericht nicht
die Hände gebunden.
Erfahrungen mit der DDR
In der DDR war das bei uns
in den Parteien geübte Wahlverfahren im öffentlichen Wahllokal üblich. So gut
wie alle Bürger füllten ihre Stimmzettel offen aus. Das führte zu
Wahlergebnissen von nahe 100 % zugunsten des bestehenden Systems.
Genau dieser hohe
Zustimmungsgrad ist bei den Abstimmungen in den Parteien nicht selten, auch bei
den Aufstellungsversammlungen.
Bei uns sieht zwar nicht zu
Stasi zu, aber wesentlich geringfügigere Nachteile reichen schon aus, um sich
systemgerecht zu verhalten.
Die Zeit drängt
Ich vermute, daß in keinem
Land der Welt auf geheime Abstimmung bei der Kandidatenaufstellung geachtet
wird. Die rund um den Erdball tätigen Wahlbeobachter der UN achten vermutlich
nur auf den öffentlichen Teil der Wahl. In vielen Ländern haben die Wähler auch
keine richtige Auswahl. Wie abgeschwächt bei uns, hat man auch dort nur die
Wahl zwischen Scylla & Karyptis.
Ein demokratischeres Auswahlverfahren könnte auch bei uns
einiges ändern.
Es geht also um mehr als auf den ersten Blick erkennbar
und es sollte sich bald etwas ändern, nicht erst nach vielen Jahren durch die
Europäische Gerichtsbarkeit.
Erstes „Einlenken“ in der CDU
Losgelöst von diesem Verfahren hat die CDU in NRW in
einer Handreichung genau das ihren Kreisverbänden empfohlen, das wir vor dem
Verfassungsgerichtshof erreichen wollen. Dort wird zwar auch davon ausgegangen,
daß für die Aufstellungsversammlung keine gesetzlichen Vorgaben wie im
öffentlichen Wahllokal bestehen, die geheime Abstimmung aber gesichert sein
müsse, was nur durch den Zwang zur Nutzung von Wahlkabinen erreichbar sei.
So lange die Delegierten nicht so weit von einander
entfernt sitzen wie bei der Juristischen Staatsprüfung und außerdem während der
Abstimmungen niemand herumlaufen darf, können nur Wahlkabinen die freie Wahl
sichern.
In der Handreichung heißt es wörtlich:
„Wahrung der geheimen Abstimmung
Die Bewerber
und ihre Reihenfolge müssen durch die Aufstellungsversammlung in geheimer
Abstimmung
bestimmt werden. Werden die Bewerber und ihre Reihenfolge
durch eine
Delegiertenversammlung nominiert, müssen auch die Delegierten für die
Delegiertenversammlung
durch die
Mitglieder- oder Anhängerversammlung in geheimer
Abstimmung
bestimmt werden (§ 17 Abs. 2 KWahlG).
Die an die
geheime Abstimmung zu stellenden Anforderungen bestimmen sich nach
dem Ziel,
sicherzustellen, dass
1. jede
abstimmende Person unbeobachtet von anderen Versammlungsteilnehmern
ihren
Stimmzettel ausfüllen kann und auch tatsächlich ihren Stimmzettel
verdeckt
kennzeichnet (Unterbindung von offenen Stimmabgaben)
und
2. die
Entscheidung jeder abstimmenden Person auch nach ihrer Stimmabgabe
geheim bleibt.
Somit hat die
Partei oder Wählergruppe durch geeignete Vorkehrungen dafür Sorge
zu tragen,
dass das Abstimmungsgeheimnis während und nach der Stimmabgabe gewahrt
bleibt.
Für die
Bestimmung der Bewerber und ihrer Reihenfolge durch die Aufstellungsversammlung
gelten nicht
die gleichen Vorschriften und Standards wie für die allgemeinen
Kommunalwahlen
am Wahltag in den Wahllokalen. Gleichwohl empfiehlt
es sich,
bestimmte Standards, die bei allgemeinen Wahlen zwingend vorgeschrieben
sind,
einzuhalten:
Zur Sicherung
des Abstimmungsgeheimnisses sind bestimmte Schutzvorrichtungen wie
Abstimmungskabinen
nicht zwingend vorgeschrieben. Voraussetzung hierfür ist
aber, dass
auch ohne Bereitstellung entsprechender Schutzvorrichtungen die Stimmzettel
verdeckt
gekennzeichnet und ohne Einblicknahme anderer Versammlungsteilnehmer
abgegeben
werden können. Diese Voraussetzung dürfte regelmäßig nicht gegeben
sein, wenn die
Aufstellungsversammlung in einem – gemessen an der Anzahl der erschienenen
Versammlungsteilnehmer
– kleinen Raum stattfindet. In einem solchen Fall
kann also die
Bereitstellung von geeigneten Schutzvorkehrungen wie Abstimmungskabinen
sogar geboten
sein. Infolgedessen kann die Frage nach dem Erfordernis solcher
Schutzvorkehrungen
immer nur auf Grundlage der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles
entschieden
werden.“
Veröffentlicht in
http://www.kpv-nrw.de/downloads/Handreichung_Kandidatenaufstellung_KWahl_2009_V_Rum_.pdf
Alfred
Mayer
81827 München, den 1.04.10
Telefon 089/4304127
Waldtruderinger
Str. 6
Telefax
089/43988623
Email: a@mayer-online.net
Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte
Conseil D’Europe
Commission Euroeene des Droits de l’Homme
Avenue de L’Europe
F-67075 Strasbourg Cedes
Fax: 33 (0)3 88
41 27 30
Individualbeschwerde
gegen
1.
die Entscheidung des Bayerischen
Verfassungsgerichtshofs vom 8.12.2009
Aktenzeichen Vf.47-III-09
wegen Wahlbeanstandung
2.
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 17.2.2010, die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung zu 1) nicht
anzunehmen.
wegen Verletzung des
Wahlgeheimnisses bei der Aufstellung der Kandidaten für die Landtagswahl in Bayern
Begründung
Zu
1.
Die Beschwerde stützt sich auf Artikel 3 des Zusatzprotokoll zur Konvention zum
Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Fassung des Protokolls Nr. 11 (Paris,
20.III.1952), der lautet
Artikel 3 – Recht auf freie
Wahlen
Die Hohen Vertragsparteien
verpflichten sich, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen
unter Bedingungen abzuhalten, welche die freie Äußerung der Meinung des Volkes
bei der Wahl der gesetzgebenden Körperschaften gewährleisten.
Gegenstand
der Verfahrens war mein Antrag auf Entscheidung über die Gültigkeit der
Landtagswahl 2008 wegen Verletzung des Wahlgeheimnisses bei den
Aufstellungsversammlungen der Parteien.
Am 28. September 2008 hatte die Wahl zum Bayerischen Landtag für die 16.
Legislaturperiode stattgefunden, bei der ich stimmberechtigt war. Das amtliche
Wahlergebnis wurde am 13. Oktober 2008 bekannt gegeben. Danach entfielen auf
die im Landtag vertretenen Parteien folgende Anteile der abgegebenen Stimmen:
CSU 4.603.960 (= 43,4 %), SPD 1.972.437 (= 18,6 %), FW 1.085.896 (= 10,2 %),
GRÜNE 999.111 (= 9,4 %), FDP 847.227 (= 8,0 %).
Mit
Schreiben vom 3. November 2008 an den Bayerischen Landtag beantragte ich
die Nachprüfung der Landtagswahl wegen Verletzung des Wahlgeheimnisses bei
Aufstellungsversammlungen in Oberbayern.
Entgegen
Art. 28 Abs. 2 LWG und § 17 ParteienG hatte nämlich die Aufstellung der
Bewerber der CSU für den Wahlkreis Oberbayern in der Versammlung am 31. Mai
2008 in München nicht in geheimer Wahl stattgefunden, weil die Delegierten
nicht gezwungen waren, die Stimmzettel in einer Wahlkabine oder hinter einer
Wahlblende auszufüllen, sodaß die Art der Stimmabgabe von Sitznachbarn hatte beobachtet
werden können. Damit hatten die Delegierten die Wahlentscheidung nicht
unbeeinflußt treffen können. Die mit dem Wahlkreisvorschlag vorgelegte
eidesstattliche Versicherung ist insoweit falsch, als geheime Abstimmung
behauptet wurde. Die Unterzeichner der eidesstattlichen Versicherung, die
ich als Zeugen benannte, verwechselten offenbar den Begriff geheime Abstimmung
mit dem Begriff schriftliche Abstimmung.
Nicht
anders ist die Aufstellung der Kandidaten der SPD für denselben Wahlkreis in
der Delegiertenversammlung am 3. Mai 2008 in Germering verlaufen. Auch bei der
Aufstellungsversammlung der FDP am 8. März 2008 in Rosenheim ist in gleicher
Weise nicht auf die Einhaltung des Wahlgeheimnisses geachtet worden. Als Zeugen
benannte ich auch hier die Unterzeichner der jeweiligen eidesstattlichen
Versicherung.
Schon
die den Aufstellungsversammlungen vorausgegangenen Delegiertenwahlen waren
allen genannten Parteien nicht geheim durchgeführt worden.
Am
19. Februar 2009 hatte der Ausschuß für Verfassung, Recht,
Parlamentsfragen und Verbraucherschutz beschlossen, die Wahlbeanstandung
zurückzuweisen (LT-Drs. 16/604). Auf dieser Grundlage stellte die
Vollversammlung des Bayerischen Landtags am 4. März 2009 die Gültigkeit der
Landtagswahl 2008 fest (LT-Drs. 16/856).
Bei
den Abstimmungen der genannten Aufstellungsversammlungen der CSU im
Hofbräukeller zu München, SPD in der Stadthalle zu Germering und der FDP
im Ballhaus in Rosenheim zur Auswahl der Kandidaten und zur Festlegung
der Reihenfolge der Bewerber sind die Delegierten so nahe beieinander
gesessen, daß sie sich gegenseitig beim Ausfüllen der Stimmzettel haben beobachten
können. Von den aufgestellten Wahlblenden oder Wahlkabinen hatte niemand Gebrauch
gemacht. Wer dies getan oder unter sonstigen eher unzulänglichen
individuellen Geheimhaltungsmaßnahmen seine Wahlzettel ausgefüllt hätte, wäre
zumindest in den Verdacht geraten, „unsolidarisch“ gegen bestehende
Tendenzen zu handeln. Allein wegen der Möglichkeit einer Kontrolle durch die
Umsitzenden sind die Delegierten bei ihrer Wahlentscheidung nicht frei gewesen,
auch wenn wirklich alle weggeschaut haben mögen.
Bei
Aufstellungsversammlungen können keine anderen Grundsätze gelten als beim
öffentlichen Wahlvorgang selbst. Der Umstand, daß der Gesetzgeber den Parteien
als Vertrauensträger der Demokratie nicht im Einzelnen vorgeschrieben hat, wie
die geheime Abstimmung innerhalb der Parteien zu erfolgen haben, bedeutet
nicht, daß offen abgestimmt werden könne. Die Regelungen in der
Wahlordnung, also einem Ausführungsgesetz über die Ausstattung des Wahllokals
haben nicht etwa erst die Pflicht zur geheimen Abstimmung eingeführt, sondern
nur geregelt, wie die in Verfassung und Wahlgesetz unverzichtbar
vorgeschriebene geheime Abstimmung gestaltet werden muß. Aus dem Umstand, daß
es für die Ausstattung der Aufstellungsversammlung keine Wahlordnung gibt, kann
nicht geschlossen werden, daß auf die geheime Abstimmung verzichtet werden
könne.
Die
geheime Abstimmung über Parlamentskandidaten kann nicht dem Belieben der
Abstimmenden überlassen werden. Das Wahlgeheimnis dient nicht
ausschließlich dem Schutz der Abstimmenden, sondern auch dem Interesse der
Öffentlichkeit an einer von möglichst allen Stimmberechtigten
unbeeinflußt mitgetragenen Vorauswahl der für das Wahlvolk überhaupt zur
Wahl stehenden Bewerber. Der Anspruch der Verfassung einer „vom Volke ausgehenden
Macht“ gibt jedem wahlberechtigten Bürger auch das Recht, bei der
Auswahl der Kandidaten mitzuwirken. Dies ist in der Parteiendemokratie dadurch
verwirklich, daß jedem unbescholtenen Bürger freisteht, Mitglied einer Partei
zu werden. Das macht aber nur Sinn, wenn jeder für sich unbeeinflußt
entscheiden kann. Es ist nicht auszuschließen und eher wahrscheinlich,
daß im Fall konsequenter geheimer Abstimmungen dem Wähler ganz andere
Persönlichkeiten präsentiert würden und im gegebenen Fall präsentiert wurden.
Die
Parteien haben das Monopol, aus rund 60 Millionen wählbaren Bürgern einige
hundert oder tausend Kandidaten auszuwählen. Alle anderen stehen nicht zur
Wahl. Das kann nur bedeuten, daß für die Auswahl der Kandidaten keine
geringeren Anforderungen an die geheime Abstimmung gestellt werden können als
beim Wahlvorgang selbst. Ehe der Bürger auswählen darf, ist ja schon eine fast
alles entscheidenden Vorauswahl der Kandidaten erfolgt. Die Reihenfolge der
Kandidaten auf den Wahllisten kann bei der Landtagswahl in Bayern zwar von den
Wählern theoretisch beeinflußt werden, praktisch ausgewirkt hat sich diese
Möglichkeit aber kaum. Wenn das mal geschehen war, sind das noch nach
Jahrzehnten gefeierte historische Ereignisse, wie der Wahl von Hildegard
Hamm-Brücher vor langer langer Zeit in den Landtag trotz eines sehr ungünstigen
Listenplatzes. Dem war aber eine Kampagne ihrer persönlichen Anhänger mit einem
starken Presseecho voraus gegangen.
Der
Bayerische Verfassungsgerichtshof ließ die Wirksamkeit der mindestens 100 Beitritte
dahingestellt, weil er die Zurückweisung des Antrags in der Sache selbst
begründen zu können glaubte. Da ich dagegen von einer falschen Entscheidung in
der Sache ausgehe, bin ich gehalten, auf diesen Aspekt näher eingehen:
Nach
Art. 48 Abs. 1 Nr. 3 VfGHG kann ein Stimmberechtigter, dessen Wahlbeanstandung
vom Landtag verworfen worden ist, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
beantragen, wenn ihm mindestens 100 Stimmberechtigte beitreten. Diese
Voraussetzung muß innerhalb der einmonatigen Antragsfrist gemäß Art. 48 Abs. 2
Satz 1 VfGHG erfüllt sein. Wie der Bayerische
Verfassungsgerichtshof richtig feststellt, sollen durch das Erfordernis
des Beitritts Beschwerden auf solche Fälle beschränkt werden, die nach
der Ansicht wenigstens einer gewissen Anzahl Stimmberechtigter Grund zur
Beschwerde geben.
„Da
der Beitritt kein rein formaler sein darf, müssen die Unterzeichner“ sicherlich
„über den konkreten Anlaß der Wahlbeanstandung informiert sein“, wie der
Bayerische Verfassungsgerichtshof gestützt auf seine eigenen früheren
Entscheidungen BVerfG vom 18.9.1952 = BVerfGE 1, 430/432; BVerfG vom
11.4.1967 = BVerfGE 21, 359/361; BVerfG vom 28.3.1984 = BVerfGE 66, 311/312
ebenfalls unbestreitbar richtig feststellt.
Dem
Bayerischen Verfassungsgerichtshof erschien fraglich, ob die
Unterzeichner in jedem Fall über den konkreten Anlaß der Wahlbeanstandung
ausreichend informiert waren. Aus den Listen, die vom Antragsteller vorgelegt
und zum Teil auch unmittelbar von Unterzeichnern beim Verfassungsgerichtshof
eingereicht wurden, ergebe sich, daß die verwendeten Vordrucke teilweise keine
Hinweise auf die beanstandeten konkreten Parteiversammlungen enthalten, sondern
sich unter der Überschrift „Zufrieden mit der Politik?“ in allgemein gehaltenen
Darlegungen zur „Verletzung des Wahlgeheimnisses bei den
Aufstellungsversammlungen der Parteien“ erschöpfen.
Ort
und Zeit der Aufstellungsversammlungen waren tatsächlich nicht angegeben.
Darauf kann es aber nicht ankommen. Aus den rechtzeitig eingegangenen
Beitrittserklärungen geht eindeutig hervor, um was und um welche
Aufstellungsversammlungen es bei dem Verfahren geht. Bei der Prüfung der
Gültigkeit dieser Beitritte kann keine Rolle spielen, daß die Bürger auf der
Rückseite des Vordrucks für diese Beitrittserklärung rhetorisch gefragt wurden,
ob sie mit der Politik zufrieden seien, um sie auf die Dimension des Problems
aufmerksam zu machen. Denn für bloße Satzungsfragen, an die man beim
Thema Wahlanfechtung sofort denkt, ist kein Bürger als Mitstreiter zu gewinnen.
Würde man bei der Wertung von Erklärungen nach Belieben unterstellen können,
daß die Unterzeichner den entscheidenden Inhalt nicht gelesen hätten oder daß
sie gar ausschließlich erklären wollten, was auf der Rückseite steht,
wäre ein geordnetes Rechtswesen nicht mehr möglich.
Auch
wenn die Beitretenden nur die Rückseite gelesen hätten, wäre ihnen klar
gewesen, um was es geht. Denn dort war zu lesen:
Zufrieden
mit der Politik ?
Ein kleines Stück könnten Sie verändern
durch Ihre Unterschrift auf der Rückseite
Sie könnten der jeweiligen Parteibasis die Freiheit geben, die
besten
Leute und nicht immer nur die mit den besten Beziehungen und damit
auch Abhängigkeiten in die Parlamente zu schicken.
Das ist nur zu erreichen, wenn bei der Aufstellung der Wahllisten
wirklich geheim abgestimmt wird, wie aus gutem Grund gesetzlich
vorgeschrieben. Keine Partei hält sich daran. Allein die Parteien
bestimmen, wer zur Wahl steht. Dieses die Bürgerrechte sehr
einschränkende Privileg zwingt zu gewissenhafter innerparteilicher
Demokratie.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof muß sich auf Antrag von
100 Wahlberechtigten damit befassen.
.Sorgen Sie bitte auf der Rückseite mit Ihrer Unterschrift für mehr
soziale, wirtschaftliche, ökologische Kompetenz und Verantwortung
in der Politik
Hätte
der Bayerische Verfassungsgerichtshof die durch die Beitrittserklärung zu
Antragstellern gewordenen Unterzeichner am Verfahren beteiligt, hätte sich
gezeigt, ob sich jemand als getäuscht erklärt hätte. Bei Beachtung des
rechtlichen Gehörs als Bestandteil grundgesetzlicher Rechtsstaatlichkeit wäre
der Bayerische Verfassungsgerichtshof nicht zu diesem Hilfsargument gelangt.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hätte zumindest die beigetretenen
Wahlberechtigten befragen müssen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof war
hier als Fachgericht tätig und nicht ausschließlich mit Verfassungsfragen
befaßt mit dementsprechend engen Verfahrensregeln.
Daß
der sicherlich um korrekte Wortwahl bemühte Bayerische
Verfassungsgerichtshof in der Entscheidungsbegründung nur einmal von
Beitritten und zweimal von „Unterschriften, die das Anliegen unterstützen“
spricht, läßt ahnen, daß ihm die Fragwürdigkeit der eingenommenen Position
durchaus bewußt war, zumal ich rechtzeitig vor der Verhandlung auf die
Notwendigkeit der Beteiligung der Beigetretenen aufmerksam gemacht hatte.
Wie
der Bayerische Verfassungsgerichtshof korrekterweise feststellt, dient die
Wahlprüfung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 33 Satz 2, Art. 63
BV, Art. 48 VfGHG dem Schutz des objektiven Wahlrechts und ist nicht auf
die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wahl beschränkt. Ihr Ziel ist die
Feststellung der verfassungs- und gesetzmäßigen Zusammensetzung des Landtags in
der laufenden Legislaturperiode. Bei einer Sachentscheidung über die Gültigkeit
der Landtagswahl fühlt sich der Verfassungsgerichtshof aber – wie er
erfreulicherweise ausdrücklich erklärt - nicht nur zur Prüfung berufen, ob die
Wahlvorschriften richtig angewendet worden sind, sondern auch, ob die der Wahl
zugrunde liegenden einfachrechtlichen Wahlvorschriften mit der Verfassung
vereinbar sind, da die verfassungsmäßige Rechtsgrundlage Voraussetzung für eine
gültige Wahl ist (VerfGH vom 27.4.1973 = VerfGH 26, 45/47; VerfGH vom 18.2.1992
= VerfGH 45, 12/17).
Demgemäß
stellt der Bayerische Verfassungsgerichtshof ebenso anerkennenswert fest,
daß Prüfungsmaßstab zum einen die das Wahlverfahren unmittelbar
regelnden Vorschriften, z. B. des Landeswahlgesetzes, daneben aber auch andere
Vorschriften sind, die den ungestörten und ordnungsgemäßen Verlauf der Wahl
gewährleisten, wie etwa die in Art. 14 Abs. 1 BV niedergelegten
Wahlrechtsgrundsätze (VerfGH vom 17.2.2005 = VerfGH 58, 56/64 f.).
Wunderbar
auch die Auffassung, daß Fehler in der Organisation und Abwicklung des
Wahlverfahrens nicht nur von den amtlichen Wahlorganen (Art. 6 LWG)
begangen werden könnten, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch von
Dritten, soweit sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft
Gesetzes Aufgaben bei der Organisation einer Wahl erfüllten (VerfGH vom
5.2.1992 = VerfGH 45, 3/5; VerfGH 58, 56/65; BVerfG vom 20.10.1993 = BVerfGE
89, 243/249 ff.).
Auch
richtig: Zur Aufstellung der Stimmkreisbewerber (sog. Direktkandidaten) für die
Landtagswahl sieht Art. 28 Abs. 1 Satz 1 LWG vor, daß diese in einer
Mitgliederversammlung oder in einer besonderen oder allgemeinen
Vertreterversammlung gewählt werden. Gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 LWG werden die
Stimmkreisbewerber und die Vertreter für die Vertreterversammlungen in geheimer
Abstimmung gewählt (vgl. auch § 17 ParteienG). Daß diese Anforderung beachtet
worden ist, haben nach Art. 28 Abs. 5 Satz 2 LWG der Leiter der Versammlung und
zwei weitere von der Versammlung bestimmte Teilnehmer gegenüber dem
Wahlkreisleiter an Eides statt zu versichern. Entsprechende Maßgaben gelten
gemäß Art. 29 Abs. 5 LWG für die Aufstellung der Wahlkreisliste.
Dankbar
bin ich auch für die Feststellung, daß die Aufstellung von Bewerbern durch Parteien
und Wählergruppen ein wesentlicher Bereich der Wahlvorbereitung und zugleich
Bestandteil des Wahlverfahrens ist. Hierdurch werde eine notwendige
Voraussetzung für die Wahl selbst geschaffen und das aktive und passive
Wahlrecht (Art. 14 BV) unmittelbar berührt. Die Kandidatenaufstellung bilde die
Nahtstelle zwischen den von den Parteien und Wählergruppen weitgehend autonom
zu gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf die
Staatsbürger bezogenen Wahlrecht. Wegen ihrer Bedeutung für eine demokratische
Wahl begnüge sich der Gesetzgeber nicht damit, diesen Verfahrensschritt
allein dem Satzungsrecht oder sonstigen internen Regelungen zu überlassen.
Durch das gesetzlich festgelegte Erfordernis der geheimen Abstimmung bei der
Kandidatenaufstellung solle ein freies Wahlvorschlagsrecht der Wahlberechtigten
gewährleistet werden (vgl. BVerfGE 89, 243/251 ff.). Eine Verletzung der
Vorschriften über die Kandidatenaufstellung sei in allen Phasen des
Wahlverfahrens von Amts wegen zu prüfen. Sie sei auch Gegenstand des
Wahlprüfungsverfahrens (Boettcher/Högner/Spilarewicz, Landeswahlgesetz,
Bezirkswahlgesetz und Landeswahlordnung Bayern, 17. Aufl. 2008, RdNrn. 2, 3 zu
Art. 28 LWG).
Immer
noch voll auf meiner Seite ist der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit der
Feststellung, eine Wahl sei geheim, wenn der Wähler abstimmen könne, ohne daß
andere Personen von der von ihm getroffenen Wahl Kenntnis erlangten (VerfGH vom
4.10.1974 = VerfGH 27, 139/146 f.).
Fragwürdig
beginnt die Argumentation ab folgendem Satz zu werden:
“Dies erfordert eine schriftliche Abstimmung mit Stimmzetteln, die verdeckt
gekennzeichnet und ohne Einsichtnahme anderer abgegeben werden können.“
Denn es kann nicht im Belieben der Abstimmenden sei, ob sie offen oder
verdeckt abstimmen, weil das Wahlgeheimnis nicht ausschließlich dem Schutz des
abstimmenden Bürgers dient, sondern auch der Allgemeinheit vor den Folgen einer
nicht freien, nicht unbeeinflußten Wahl und an einer durch die unbeeinflußte
Beteiligungsmöglichkeit aller Bürger legitimierten Regierungsbildung.
Der
Bayerische Verfassungsgerichtshof verfälscht die Gesetzeslage, wenn er
postuliert, die Notwendigkeit besonderer Schutzvorrichtungen
(Wahlzellen, Wahlurnen), wie sie §§ 41, 42 LWO für die Wahl der
Abgeordneten ergäbe sich für die Kandidatenaufstellung weder aus dem
einfachgesetzlichen Landeswahlrecht noch aus den verfassungsrechtlichen
Regelungen des Art. 14 BV (vgl. Schreiber, BWahlG, 8. Aufl. 2009, RdNr. 27 zu §
21; BayVGH vom 26.6.1953 = VGH n. F. 6, 186) anstatt korrekt festzustellen, daß
sich darüber keine Regelungen finden. Denn aus der Verfassung, dem Grundgesetz,
dem Parteiengesetz und dem Wahlgesetz ergibt sich ja gerade die Notwendigkeit
geheimer Abstimmung, die ohne zwingend zu benützenden Schutzvorrichtungen
nicht zu erreichen ist, es sei denn durch eine Sitzordnung wie bei einer
juristischen Staatsprüfung. In diesem Fall käme aber die Anordnung der
Sitzplätze in weitem Abstand einer besonderen Schutzvorrichtung gleich.
Die
Musterniederschrift über die Aufstellung von Stimmkreisbewerbern (Anlage 8 zu §
31 Abs. 4 Nr. LWO), in der nur von einer verdeckten Abstimmung mit
einheitlichen Stimmzetteln, nicht von Wahlzellen und Wahlurnen die Rede sei,
kann nicht der Maßstab bei der Verwirklichung unveräußerlicher Grundrechte
sein, wie das bayerische Verfassungsgericht zu glauben scheint.
Der
Normgeber läßt gerade nicht im Vergleich zur Wahl der Abgeordneten bei der Wahl
der Bewerber geringere Anforderungen an die Gewährleistung des geheimen
Charakters genügen, wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof anzunehmen
vorgibt. Der Normgeber sagt nur nichts zur Ausstattung der
Aufstellungsversammlung. Er darf die Parteien für mündig genug halten,
von sich aus auf geeignete Weise dafür sorgen zu können, daß das Wahlgeheimnis
gewahrt wird. Daß der Gesetzgeber in einer Wahlordnung, also einem
Ausführungsgesetz eine Anleitung über die Ausstattung der Wahllokale zur
Verfügung stellt, dient der Vermeidung eines Chaos als unausbleiblicher Folge
unterschiedlichster Auffassungen, wie die freie geheime Abstimmung zu sichern
sei, wenn selbst Verfassungsrichter eine offene Abstimmung zur geheimen
Abstimmung erklären.
Dem Bayerische Verfassungsgerichtshof scheint nicht bewußt geworden zu sein,
daß er die Demokratie ad absurdum führt, wenn er diese Art der offenen
Abstimmung, „nicht nur mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der
geheimen Wahl, sondern auch mit den übrigen Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 14
Abs. 1 Satz 1 BV vereinbar“ hält.
Wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof von unterschiedlichen
Verfahrensschritten innerhalb des Wahlvorgangs und dem jeweiligen
Charakter der Abstimmungen und deren Verhältnis zueinander spricht und zugleich
feststellt, daß es sich bei der Aufstellung der Kandidaten nach den geltenden
Wahlvorschriften um eine unverzichtbare Voraussetzung für einen demokratischen
Wahlvorgang handelt, kann er die Aufstellung der Kandidaten als Vorbereitung
der Wahl sehen, muß ihr bei der Frage der geheimen Abstimmung aber mindestens
den gleichen Rang einräumen. Auch daß an der Kandidatenaufstellung keine
amtlichen Wahlorgane im Sinn des Art. 6 LWG beteiligt sind, kann in keiner
Weise eine offene Abstimmung rechtfertigen. Die innerparteiliche Autonomie hat
ihre Grenzen, wenn es gilt, die Legitimationskette zwischen jedem Bürger und
Parlament zu sichern. Alle Macht geht vom Volke aus und nicht von den Parteien,
ganz gleich wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof in dieser Frage schon
einmal entschieden haben mag.
Es
verschlägt den Atem, wenn in der Entscheidung von lediglich graduellen
Unterschieden bei der Absicherung einer geheimen Abstimmung und keineswegs den
Verzicht auf diesen Grundsatz bei der Kandidatenaufstellung gesprochen wird..
Ich
stelle in der Tat nicht in Frage, daß bei der Versammlung der CSU am
31. Mai 2008 im Hofbräukeller in München schriftliche Abstimmungen mit
Stimmzetteln stattgefunden haben. Zur Gewährleistung geheimer Abstimmungen
(Art. 28 Abs. 2 Satz 1, Art. 29 Abs. 5 LWG) war es aber sehr wohl
erforderlich, daß vorhandene Wahlblenden bei der Stimmabgabe benutzt
wurden. Soweit ich geltend mache, die Delegierten hätten so nahe beieinander
gesessen, daß sie sich gegenseitig beim Ausfüllen der Stimmzettel hätten
beobachten können, handelt es sich zum eine unmöglich näher spezifizierbare
Behauptung. Sie ist durch die Benennung von Zeugen unter Beweis gestellt.
Es
kommt überhaupt nicht darauf an, ob eine verdeckte Kennzeichnung der
Stimmzettel beispielsweise durch eine entsprechende Körperhaltung unmöglich
gewesen wäre. Es war möglich mit der freien Hand oder durch ein weites
Vorbeugen unbeobachtet abzustimmen. Aber das kann dem Wesen der
unverzichtbaren geheimen, freien, unbeeinflußten Wahl nicht genügen, die nicht
nur den Abstimmenden schützen soll. Allein zu den wenigen zu gehören, die sich
offensichtlich nicht zuschauen lassen wollen, brandmarkt zum „unsolidarischen“
Außenseiter und kann psychisch zu einer dem Mainstream angepaßten Stimmabgabe
führen.
Zu
tatsächlichen Einsichtnahmen muß es zur Rechtfertigung der
Wahlbeanstandung nicht gekommen sein. Damit ist auch nicht notwendig, sie unter
Beweis zu stellen.
Daß
sich Delegierte die ausgefüllten Stimmzettel gezeigt haben, habe ich lediglich
erwähnt, um die Ahnungslosigkeit der Unterzeichner der eidesstattlichen
Versicherungen zu demonstrieren.
Ich hatte vorgetragen:
“Die mit den Wahlkreisvorschlägen vorgelegten eidesstattlichen
Versicherungen sind insoweit unrichtig, als geheime Abstimmung behauptet wird.
Die auf diese Weise den Eid ablegenden Personen waren sich über die Definition
der geheimen Abstimmung offensichtlich nicht im Klaren. Für diese
Ahnungslosigkeit spricht der Umstand, daß einzelne Delegierte sogar ihren
ausgefüllten Stimmzettel ihren Nachbarn gezeigt haben.“
Um
die Wahl anfechtbar zu machen, genügt, daß von den aufgestellten Wahlkabinen
kein Gebrauch gemacht wurde und auch sonst keine Maßnahmen getroffen worden
sind, daß alle Delegierten unbeobachtbar hätten abstimmen MÜSSEN.
Daß
die aufgestellten Wahlkabinen nicht benutzt wurden, geht auch aus der
Beschlußvorlage des Landtags (Seite 28) hervor und hätte sich auch aus einer
Anhörung der benannten Zeugen ergeben. Aufgabe des Bayerischen
Verfassungsgerichtshofs wäre schon gewesen, eine Beweisaufnahme durchzuführen,
wenn er Zweifel gehabt hätte, ob tatsächlich so abgestimmt wurde, daß sich die
Delegierten beim Ausfüllen der Stimmzettel gegenseitig zusehen konnten.
Ob es
tatsächlich zu Einsichtnahmen gekommen ist, ist – wie vorgetragen - für die
Entscheidung unerheblich.
Allein
das Bestehen der Möglichkeit, das Ausfüllen des Stimmzettels zu
beobachten, kann die freie Entscheidung beinträchtigen und hätte zur
Ungültigerklärung der Wahl führen müssen.
Unerfindlich
ist, warum die Aussage des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
„Soweit
der Antragsteller geltend macht, die Delegierten hätten nicht unbeeinflusst
abstimmen können, betrifft dieser Gesichtspunkt den Grundsatz der Freiheit der
Wahl (VerfGH vom 24.11.1966 = VerfGH 19, 105/110), der bei der Aufstellung von
Kandidaten für die Landtagswahl ebenfalls zu beachten ist (vgl. BVerfGE 89,
243/251).“
zu
folgendem Schluß führen kann:
„
Auch insoweit sind konkrete Wahlfehler jedoch nicht erkennbar.“
Denn
das ist ja gerade der ganze Inhalt der Wahlbeanstandung.
Die
Wahlanfechtung betrifft eine schon sehr lange gebräuchliche, weit verbreitete
Handhabung des Wahlgeheimnisses und könnte im Erfolgsfall zu einer noch nie da
gewesenen Veränderung der politischen Landschaft führen. Damit wäre wohl eine
so hohe Eingriffsintensität gegeben, daß sich das
Bundesverfassungsgericht nach seiner bisherigen Rechtsprechung veranlaßt sehen
könnte, falls notwendig, den Sachverhalt selbst zu ermitteln und anders als das
in diesem Fall als Fachgericht wirkenden Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zu
deuten. Vgl. Limbach/Kenntner S. 15.
Zum Beispiel durch Anhörung der benannten Zeugen.
Die
am 1.1.2010 eingereichte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht
nicht zur Entscheidung angenommen.
Die
Handhabung meines Anliegens durch die befaßten Gerichts verstößt gegen Artikel
3 des Zusatzprotokolls in der Fassung des Protokolls Nr. 11. Dort hat sich
Deutschland verpflichtet, „freie und geheime Wahlen abzuhalten,
welche die freie Äußerung der Meinung des Volkes bei der Wahl der
gesetzgebenden Körperschaften gewährleisten“.
In
der Gesetzgebung ist das auch pflichtgetreu verwirklicht, nicht aber in der
Ausführung, wie das oben vorgetragen ist.
Ich
bin davon betroffen, weil meine Wahlmöglichkeit auf nicht in freier und
geheimer Wahl aufgestellte Kandidaten beschränkt war. Ich bin infolgedessen von
einer nicht legitimierten Regierung, Gesetzgebung und Rechtsprechung abhängig.
Da Richter jedenfalls in Bayern durch Regierung und den Landtag ernannt
werden, erhebt sich damit auch die Frage, ob die gesetzlichen Richter
entschieden haben.
Es
handelt sich wahrscheinlich um ein europaweites, wenn nicht weltweites Problem.
Zu
2.
Die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts verstößt insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip, als
sie keine Begründung enthält.
Als Grund ist nur zu
vermuten, daß der Grundrechtsverstoß als nicht von grundlegender Bedeutung
angesehen wurde. Wann aber ist diese Voraussetzung jemals gegeben, wenn nicht
hier ?
Willkürliche
Kapazitätsgrenzen zwingen das Bundesverfassungsgericht zu einer willkürlichen
Auslese. Das Bundesverfassungsgericht wird bewußt und gewollt außerstande
gesetzt, allen vorgetragenen Verfassungsverstössen gerecht zu werden.
Ausgerechnet für die schwerwiegendsten Rechtsbrüche gibt es bei weitem zu
wenige Richter, während in allen anderen Gerichtsbereichen für Verstärkung
gesorgt wird, wenn uneinholbare Rückstände entstanden sind.
Wenn es zwei Senate gibt,
sind auch 3, 4 und 10 möglich.
Wenn davon nicht Gebrauch
gemacht wird, liegt Rechtsverweigerung vor.
Auch der fehlende
Begründungszwang muß zu willkürlichen Entscheidungen führen.
Als Folge der nicht
bewältigbarer Fülle von Eingaben fühlen sich die Richter des
Bundesverfassungsgerichts in einer Art Notwehrsituation, aus der sie allem
Anschein nach das Recht ableiten, nur ihnen grundsätzlich erscheinende
Verfassungsfragen anzunehmen. Diese Art Notwehr ist aber vermeidbar. Das
Bundesverfassungsgericht hat die Möglichkeit einer Überlastungsanzeige an die
Politik, der dann nichts anderen übrig bleiben würde, als die Bildung weiterer
Senate zu beschließen. Für den Gesetzgeber ist die Überlastung und der
Handlungsbedarf auch ohne Wortmeldung der Richter erkennbar. Er unternimmt
nichts.
Die Bundesrepublik
Deutschland verstößt damit gegen das Rechtsstaatsprinzip.
Mit freundlichen Grüßen
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Hier noch die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht:
Alfred
Mayer
München, den
01.01.10
Bundesverfassungsgericht
Schloßbezirk 3
76131 Karlsruhe
Verfassungsbeschwerde
Aktenzeichen
Vf.47-III-09
wegen Wahlbeanstandung lege ich Verfassungsbeschwerde ein.
Gegenstand
des Verfahrens war mein Antrag auf Entscheidung über die
Gültigkeit
der Landtagswahl 2008 wegen Verletzung des Wahlgeheimnisses bei
den
Aufstellungsversammlungen der Parteien.
Am 28. September 2008 hatte die Wahl zum Bayerischen Landtag
für die
16. Legislaturperiode stattgefunden, bei der ich
stimmberechtigt war.
Das amtliche Wahlergebnis wurde am 13. Oktober 2008 bekannt
gegeben.
Danach entfielen auf die im Landtag vertretenen Parteien
folgende
Anteile der abgegebenen Stimmen: CSU 4.603.960 (= 43,4 %), SPD
1.972.437 (= 18,6 %), FW 1.085.896 (= 10,2 %), GRÜNE 999.111 (=
9,4
%), FDP 847.227 (= 8,0 %).
Mit
Schreiben vom 3. November 2008 an den Bayerischen Landtag
beantragte
ich die Nachprüfung der
Landtagswahl wegen Verletzung des Wahlgeheimnisses bei
Aufstellungsversammlungen in Oberbayern.
Entgegen
Art. 28 Abs. 2 LWG und § 17 ParteienG hatte nämlich die
Aufstellung der Bewerber der CSU für den Wahlkreis Oberbayern
in der
Versammlung am 31. Mai 2008 in München nicht in geheimer Wahl
stattgefunden, weil die Delegierten nicht gezwungen waren, die
Stimmzettel in einer Wahlkabine oder hinter einer Wahlblende
auszufüllen,
so dass die Art der Stimmabgabe von Sitznachbarn hatte
beobachtet
werden können. Damit hatten die Delegierten die
Wahlentscheidung nicht
unbeeinflußt treffen können. Die mit dem Wahlkreisvorschlag
vorgelegte eidesstattliche Versicherung ist insoweit falsch,
als
geheime Abstimmung behauptet wurde. Die Unterzeichner der
eidesstattlichen Versicherung, die ich als Zeugen
benannte, verwechselten
offenbar den Begriff geheime Abstimmung mit dem Begriff
schriftliche
Abstimmung.
Nicht
anders ist die Aufstellung der Kandidaten der SPD für denselben
Wahlkreis in der Delegiertenversammlung am 3. Mai 2008 in
Germering
verlaufen. Auch bei der Aufstellungsversammlung der FDP am 8.
März
2008 in Rosenheim ist nicht auf das Wahlgeheimnis geachtet
worden. Als
Zeugen benannte ich auch hier die Unterzeichner der jeweiligen
eidesstattlichen Versicherung.
Schon
die den Aufstellungsversammlungen vorausgegangenen
Delegiertenwahlen
waren nicht geheim durchgeführt worden.
Am
19. Februar 2009 hatte der
Ausschuß für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und
Verbraucherschutz beschlossen, die Wahlbeanstandung
zurückzuweisen (LT-Drs.
16/604). Auf dieser Grundlage stellte die Vollversammlung des
Bayerischen Landtags am 4. März 2009 die Gültigkeit der
Landtagswahl
2008 fest (LT-Drs. 16/856).
Bei
den Abstimmungen der genannten Aufstellungsversammlungen der
CSU im
Hofbräukeller zu München, SPD in der Stadthalle zu Germering
und der FDP im Ballhaus in Rosenheim zur
Auswahl der Kandidaten und zur Festlegung der Reihenfolge der
Bewerber
sind die Delegierten so nahe beieinander gesessen, daß sie sich
gegenseitig beim Ausfüllen der Stimmzettel haben beobachten
können.
Von den aufgestellten Wahlblenden oder Wahlkabinen hatte
niemand
Gebrauch
gemacht. Wer dies getan oder
unter sonstigen eher unzulänglichen individuellen
Geheimhaltungsmaßnahmen
seine Wahlzettel ausgefüllt hätte, wäre zumindest in den
Verdacht
geraten, „unsolidarisch“ gegen
bestehende Tendenzen zu handeln. Allein wegen der Möglichkeit
einer
Kontrolle durch die Umsitzenden sind die Delegierten bei ihrer
Wahlentscheidung nicht frei gewesen, auch wenn wirklich alle
weggeschaut haben mögen.
Bei
Aufstellungsversammlungen können keine anderen Grundsätze
gelten als
beim öffentlichen Wahlvorgang selbst. Der Umstand, daß der
Gesetzgeber den Parteien als Vertrauensträger der Demokratie
nicht im
Einzelnen vorgeschrieben hat, wie die geheime Abstimmung
innerhalb der
Parteien zu erfolgen haben, bedeutet nicht, daß offen
abgestimmt
werden könne. Die
Regelungen in der Wahlordnung, also einem Ausführungsgesetz
über die
Ausstattung des Wahllokals haben nicht etwa erst die Pflicht
zur
geheimen Abstimmung eingeführt, sondern nur geregelt, wie die
in
Verfassung und Wahlgesetz unverzichtbar vorgeschriebene geheime
Abstimmung gestaltet werden muß. Aus dem Umstand, daß es für
die
Ausstattung der Aufstellungsversammlung keine Wahlordnung gibt,
kann
nicht geschlossen werden, daß auf die geheime Abstimmung
verzichtet
werden könne.
Die
geheime Abstimmung über Parlamentskandidaten kann nicht dem
Belieben
der Abstimmenden überlassen werden.
Das Wahlgeheimnis dient nicht ausschließlich dem Schutz der
Abstimmenden, sondern auch dem Interesse der Öffentlichkeit an
einer
von möglichst allen
Stimmberechtigten unbeeinflußt mitgetragenen
Auswahl der Regierenden. Der Anspruch der Verfassung
einer „vom Volke ausgehenden Macht“
gibt jedem wahlberechtigten Bürger
auch das Recht, bei der Auswahl der Kandidaten mitzuwirken.
Dies ist in
der Parteiendemokratie dadurch verwirklich, daß jedem
unbescholtenen Bürger
freisteht, Mitglied einer Partei zu werden. Das macht aber nur
Sinn,
wenn jeder für sich unbeeinflußt entscheiden kann.
Es ist nicht auszuschließen und eher wahrscheinlich, daß
im
Fall konsequenter geheimer Abstimmungen dem Wähler ganz andere
Persönlichkeiten
präsentiert würden und im gegebenen Fall präsentiert wurden.
Die
Parteien haben das Monopol, aus rund 6 Millionen wählbaren
Bürgern
einige hundert oder tausend Kandidaten auszuwählen. Alle
anderen
stehen nicht zur Wahl. Das kann nur bedeuten, daß für die
Auswahl der
Kandidaten keine geringeren Anforderungen an die geheime
Abstimmung
gestellt werden können als beim Wahlvorgang selbst. Ehe der
Bürger
auswählen darf, ist ja schon eine fast alles entscheidenden
Vorauswahl
der Kandidaten erfolgt. Die Reihenfolge der Kandidaten auf den
Wahllisten kann von den Wählern zudem kaum noch entscheidend
verändert
werden. Wenn das mal geschehen war, sind das noch nach
Jahrzehnten
gefeierte historische Ereignisse, wie
der Wahl von Hildegard Hamm-Brücher vor langer langer
Zeit in
den Landtag trotz eines sehr ungünstigen Listenplatzes.
Der
Bayerische Verfassungsgerichtshof ließ die Wirksamkeit der
mindestens
100 Beitritte dahingestellt, weil es die Zurückweisung des
Antrags in
der Sache selbst begründen zu können glaubte. Da ich dagegen
von
einer falschen Entscheidung in der Sache ausgehe, bin ich
gehalten auf
diesen Aspekt näher eingehen:
Nach
Art. 48 Abs. 1 Nr. 3 VfGHG kann ein Stimmberechtigter, dessen
Wahlbeanstandung vom Landtag verworfen worden ist, die
Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofs beantragen, wenn ihm mindestens 100
Stimmberechtigte beitreten. Diese Voraussetzung muß innerhalb
der
einmonatigen Antragsfrist gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 1 VfGHG
erfüllt
sein. Wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof
richtig feststellt, sollen durch das Erfordernis des
Beitritts Beschwerden
auf solche Fälle beschränkt werden, die nach der Ansicht
wenigstens
einer gewissen Anzahl Stimmberechtigter Grund zur Beschwerde
geben,
„Da
der Beitritt kein rein formaler sein darf, müssen die
Unterzeichner“
sicherlich „über den konkreten Anlaß der Wahlbeanstandung
informiert sein“, wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof
gestützt
auf seine eigenen früheren
Entscheidungen BVerfG vom
18.9.1952 = BVerfGE 1, 430/432; BVerfG vom 11.4.1967 = BVerfGE
21,
359/361; BVerfG vom 28.3.1984 = BVerfGE 66, 311/312 ebenfalls
unbestreitbar richtig feststellt.
Dem
Bayerischen
Verfassungsgerichtshof erschien fraglich,
ob die Unterzeichner in jedem Fall über den konkreten Anlaß der
Wahlbeanstandung ausreichend informiert waren. Aus den Listen,
die vom
Antragsteller vorgelegt und zum Teil auch unmittelbar von
Unterzeichnern beim Verfassungsgerichtshof eingereicht wurden,
ergebe
sich, daß die verwendeten Vordrucke teilweise keine Hinweise
auf die
beanstandeten konkreten Parteiversammlungen enthalten, sondern
sich
unter der Überschrift „Zufrieden mit der Politik?“ in allgemein
gehaltenen Darlegungen zur „Verletzung des Wahlgeheimnisses bei
den
Aufstellungsversammlungen der Parteien“ erschöpfen.
Ort
und Zeit der Aufstellungsversammlungen waren tatsächlich nicht
angegeben. Darauf kann es aber nicht ankommen. Aus den
rechtzeitig
eingegangenen Beitrittserklärungen geht
eindeutig hervor, um was und um welche
Aufstellungsversammlungen es bei
dem Verfahren geht. Bei der Prüfung der Gültigkeit dieser
Beitritte
kann keine Rolle spielen, daß die Bürger auf der Rückseite des
Vordrucks für diese Beitrittserklärung rhetorisch gefragt
wurden, ob
sie mit der Politik zufrieden seien, um sie auf die Dimension
des
Problems aufmerksam zu machen. Denn für bloße Satzungsfragen,
an die
man beim Thema
Wahlanfechtung sofort denkt, ist kein Bürger als Mitstreiter zu
gewinnen. Würde man bei der Wertung von Erklärungen nach
Belieben
unterstellen können, daß die Unterzeichner den entscheidenden
Inhalt
nicht gelesen hätten oder daß sie gar ausschließlich
erklären wollten, was auf der Rückseite steht, wäre ein
geordnetes Rechtswesen nicht mehr möglich.
Auch
wenn die Beitretenden nur die Rückseite gelesen hätten, wäre
ihnen
klar gewesen, um was es geht. Denn dort war zu lesen:
"Zufrieden
mit der Politik ?
Ein
kleines Stück könnten Sie verändern
durch
Ihre Unterschrift auf der Rückseite
Sie
könnten der jeweiligen Parteibasis die Freiheit geben, die
besten
Leute
und nicht immer nur die mit den besten Beziehungen und damit
auch
Abhängigkeiten in die Parlamente zu schicken.
Das
ist nur zu erreichen, wenn bei der Aufstellung der Wahllisten
wirklich
geheim abgestimmt wird, wie aus gutem Grund gesetzlich
vorgeschrieben.
Keine Partei hält sich daran. Allein die Parteien
bestimmen,
wer zur Wahl steht. Dieses die Bürgerrechte sehr
einschränkende
Privileg zwingt zu gewissenhafter innerparteilicher
Demokratie.
Der
Bayerische Verfassungsgerichtshof muß sich auf Antrag von
100
Wahlberechtigten damit befassen.
.Sorgen
Sie bitte auf der Rückseite mit Ihrer Unterschrift für mehr
soziale,
wirtschaftliche, ökologische Kompetenz und Verantwortung
in
der Politik
Hätte
der Bayerische Verfassungsgerichtshof die durch die
Beitrittserklärung
zu Antragstellern gewordenen Unterzeichner am Verfahren
beteiligt, hätte
sich gezeigt, ob sich jemand als getäuscht erklärt hätte. Bei
Beachtung des rechtlichen Gehörs als Bestandteil
grundgesetzlicher
Rechtsstaatlichkeit wäre der Bayerische Verfassungsgerichtshof
nicht
zu diesem Hilfsargument gelangt. Der Bayerische
Verfassungsgerichtshof
hätte zumindest die beigetretenen Wahlberechtigten befragen
müssen.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof war hier als Fachgericht
tätig
und nicht ausschließlich mit Verfassungsfragen befaßt mit
dementsprechend engen Verfahrensregeln.
Daß
der sicherlich um korrekte Wortwahl bemühte Bayerische
Verfassungsgerichtshof in
der Entscheidungsbegründung nur einmal von Beitritten und
zweimal von
„Unterschriften, die das Anliegen unterstützen“ spricht, läßt
ahnen, daß ihm die Fragwürdigkeit der eingenommenen Position
durchaus
bewußt war, zumal ich rechtzeitig vor der Verhandlung auf die
Notwendigkeit der Beteiligung der Beigetretenen
aufmerksam
gemacht hatte.
V.
Wie
der Bayerische Verfassungsgerichtshof korrekterweise
feststellt, dient
die Wahlprüfung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 33
Satz
2, Art. 63 BV, Art. 48 VfGHG dem
Schutz des objektiven Wahlrechts und ist nicht auf die Prüfung
der
Verfassungsmäßigkeit der Wahl beschränkt. Ihr Ziel ist die
Feststellung der verfassungs- und gesetzmäßigen Zusammensetzung
des
Landtags in der laufenden Legislaturperiode. Bei einer
Sachentscheidung
über die Gültigkeit der Landtagswahl fühlt sich der
Verfassungsgerichtshof aber – wie er erfreulicherweise
ausdrücklich
erklärt - nicht nur zur Prüfung berufen, ob die
Wahlvorschriften
richtig angewendet worden sind, sondern auch, ob die der Wahl
zugrunde
liegenden einfachrechtlichen Wahlvorschriften mit der
Verfassung
vereinbar sind, da die verfassungsmäßige Rechtsgrundlage
Voraussetzung für eine gültige Wahl ist (VerfGH vom 27.4.1973 =
VerfGH 26, 45/47; VerfGH vom 18.2.1992 = VerfGH 45, 12/17).
Demgemäß
stellt der Bayerische Verfassungsgerichtshof ebenso
anerkennenswert
fest, daß Prüfungsmaßstab
zum einen die das
Wahlverfahren unmittelbar regelnden Vorschriften, z. B. des
Landeswahlgesetzes, daneben aber auch andere Vorschriften sind,
die den
ungestörten und ordnungsgemäßen Verlauf der Wahl gewährleisten,
wie
etwa die in Art. 14 Abs. 1 BV niedergelegten
Wahlrechtsgrundsätze
(VerfGH vom 17.2.2005 = VerfGH 58, 56/64 f.).
Wunderbar
auch die Auffassung, daß Fehler in der Organisation und
Abwicklung des
Wahlverfahrens nicht nur
von den amtlichen Wahlorganen (Art. 6 LWG) begangen werden
könnten,
sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch von Dritten,
soweit sie
unter Bindung an wahlgesetzliche Anforderungen kraft Gesetzes
Aufgaben
bei der Organisation einer Wahl erfüllten (VerfGH vom 5.2.1992 =
VerfGH 45, 3/5; VerfGH 58, 56/65; BVerfG vom 20.10.1993 =
BVerfGE 89,
243/249 ff.).
Auch
richtig: Zur Aufstellung der Stimmkreisbewerber (sog.
Direktkandidaten)
für die Landtagswahl sieht Art. 28 Abs. 1 Satz 1 LWG vor, daß
diese
in einer Mitgliederversammlung oder in einer besonderen oder
allgemeinen Vertreterversammlung gewählt werden. Gemäß Art. 28
Abs.
2 Satz 1 LWG werden die Stimmkreisbewerber und die Vertreter
für die
Vertreterversammlungen in geheimer Abstimmung gewählt (vgl.
auch § 17
ParteienG). Daß diese Anforderung beachtet worden ist, haben
nach Art.
28 Abs. 5 Satz 2 LWG der Leiter der Versammlung und zwei
weitere von
der Versammlung bestimmte Teilnehmer gegenüber dem
Wahlkreisleiter an
Eides statt zu versichern. Entsprechende Maßgaben gelten gemäß
Art.
29 Abs. 5 LWG für die Aufstellung der Wahlkreisliste.
Dankbar
bin ich auch für die Feststellung, daß die Aufstellung von
Bewerbern
durch Parteien und Wählergruppen ein wesentlicher Bereich der
Wahlvorbereitung und zugleich Bestandteil des Wahlverfahrens
ist.
Hierdurch werde eine notwendige Voraussetzung für die Wahl
selbst
geschaffen und das aktive und passive Wahlrecht (Art. 14 BV)
unmittelbar berührt. Die Kandidatenaufstellung bilde die
Nahtstelle
zwischen den von den Parteien und Wählergruppen weitgehend
autonom zu
gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf
die
Staatsbürger bezogenen Wahlrecht. Wegen ihrer Bedeutung für
eine
demokratische Wahl begnüge sich der Gesetzgeber nicht damit, diesen
Verfahrensschritt allein dem Satzungsrecht oder sonstigen
internen
Regelungen zu überlassen. Durch das gesetzlich festgelegte
Erfordernis der geheimen Abstimmung bei der
Kandidatenaufstellung solle
ein freies Wahlvorschlagsrecht der Wahlberechtigten
gewährleistet
werden (vgl. BVerfGE 89, 243/251 ff.). Eine Verletzung der
Vorschriften
über die Kandidatenaufstellung sei in allen Phasen des
Wahlverfahrens
von Amts wegen zu prüfen. Sie sei auch Gegenstand des
Wahlprüfungsverfahrens
(Boettcher/Högner/Spilarewicz, Landeswahlgesetz,
Bezirkswahlgesetz und
Landeswahlordnung Bayern, 17. Aufl. 2008, RdNrn. 2, 3 zu Art.
28 LWG).
Immer
noch voll auf meiner Seite ist der Bayerische
Verfassungsgerichtshof
mit der Feststellung, eine Wahl sei geheim, wenn der Wähler
abstimmen
könne, ohne daß andere Personen von der von ihm getroffenen
Wahl
Kenntnis erlangten (VerfGH vom 4.10.1974 = VerfGH 27, 139/146
f.).
Fragwürdig
beginnt die Argumentation ab folgendem Satz zu werden:
“Dies erfordert eine
schriftliche Abstimmung mit Stimmzetteln, die verdeckt
gekennzeichnet
und ohne Einsichtnahme anderer abgegeben werden können.“
Denn es kann nicht im Belieben der Abstimmenden sei, ob sie
offen
oder verdeckt abstimmen, weil das Wahlgeheimnis nicht
ausschließlich
dem Schutz des abstimmenden Bürgers dient, sondern auch der
Allgemeinheit vor den Folgen einer nicht freien, nicht
unbeeinflußten
Wahl und an einer durch die unbeeinflußte
Beteiligungsmöglichkeit
aller Bürger legitimierten Regierungsbildung.
Der
Bayerische Verfassungsgerichtshof verfälscht die
Gesetzeslage,
wenn er postuliert, die Notwendigkeit
besonderer Schutzvorrichtungen (Wahlzellen, Wahlurnen), wie sie
§§
41, 42 LWO für die Wahl der Abgeordneten
ergäbe sich für die Kandidatenaufstellung weder aus dem
einfachgesetzlichen Landeswahlrecht noch aus den
verfassungsrechtlichen
Regelungen des Art. 14 BV (vgl. Schreiber, BWahlG, 8. Aufl.
2009, RdNr.
27 zu § 21; BayVGH vom 26.6.1953 = VGH n. F. 6, 186) anstatt
korrekt
festzustellen, daß sich darüber keine Regelungen finden. Denn
aus der
Verfassung, dem Grundgesetz, dem Parteiengesetz
und dem Wahlgesetz ergibt sich ja gerade die Notwendigkeit
geheimer
Abstimmung, die ohne zwingend zu benützenden
Schutzvorrichtungen
nicht zu erreichen ist, es sei denn durch eine Sitzordnung wie
bei
einer juristischen Staatsprüfung. In diesem Fall käme aber die
Anordnung der Sitzplätze in weitem Abstand einer besonderen
Schutzvorrichtung gleich.
Die
Musterniederschrift über die Aufstellung von
Stimmkreisbewerbern
(Anlage 8 zu § 31 Abs. 4 Nr. LWO), in der nur von einer
verdeckten
Abstimmung mit einheitlichen Stimmzetteln, nicht von Wahlzellen
und
Wahlurnen die Rede sei, kann nicht der Maßstab bei der
Verwirklichung
unveräußerlicher Grundrechte sein, wie das bayerische
Verfassungsgericht zu glauben scheint.
Der
Normgeber läßt gerade nicht im Vergleich zur Wahl der
Abgeordneten
bei der Wahl der Bewerber geringere Anforderungen an die
Gewährleistung
des geheimen Charakters genügen, wie der Bayerische
Verfassungsgerichtshof anzunehmen vorgibt. Der Normgeber sagt
nur
nichts zur Ausstattung der Aufstellungsversammlung. Er darf die
Parteien für mündig genug halten, von sich aus auf
geeignete
Weise dafür sorgen zu können, daß das Wahlgeheimnis gewahrt
wird. Daß
der Gesetzgeber in einer Wahlordnung, also einem
Ausführungsgesetz
eine Anleitung über die Ausstattung der Wahllokale zur
Verfügung
stellt, dient der Vermeidung eines Chaos als unausbleiblicher
Folge
unterschiedlichster Auffassungen, wie die freie geheime
Abstimmung zu
sichern sei, wenn selbst Verfassungsrichter eine offene
Abstimmung zur
geheimen Abstimmung erklären.
Dem Bayerische Verfassungsgerichtshof scheint nicht bewußt
geworden zu
sein, daß er die Demokratie ad absurdum führt, wenn er
diese Art der offenen Abstimmung, „nicht
nur mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der geheimen Wahl,
sondern
auch mit den übrigen Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 14 Abs. 1
Satz 1
BV vereinbar“ hält.
Wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof von unterschiedlichen
Verfahrensschritten innerhalb des Wahlvorgangs und dem
jeweiligen Charakter der Abstimmungen und deren Verhältnis
zueinander
spricht und zugleich feststellt, daß es sich bei der
Aufstellung der
Kandidaten nach den geltenden Wahlvorschriften um eine
unverzichtbare
Voraussetzung für einen demokratischen Wahlvorgang handelt,
kann er
die Aufstellung der Kandidaten als Vorbereitung der Wahl sehen,
muß
ihr bei der Frage der geheimen Abstimmung aber mindestens den
gleichen
Rang einräumen. Auch daß
an der Kandidatenaufstellung keine amtlichen Wahlorgane im Sinn
des
Art. 6 LWG beteiligt sind, kann in keiner Weise eine offene
Abstimmung
rechtfertigen. Die innerparteiliche Autonomie hat ihre Grenzen,
wenn es
gilt, die Legitimationskette zwischen jedem Bürger und
Parlament zu
sichern. Alle Macht geht vom Volke aus und nicht von den
Parteien, ganz
gleich wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof in dieser
Frage schon
einmal entschieden haben mag.
Es
verschlägt den Atem, wenn
in der Entscheidung von lediglich graduellen Unterschieden bei
der
Absicherung einer geheimen Abstimmung und keineswegs den
Verzicht auf
diesen Grundsatz bei der Kandidatenaufstellung gesprochen
wird..
Ich
stelle in der Tat nicht infrage, daß bei der Versammlung der
CSU am
31. Mai 2008 im Hofbräukeller in München schriftliche
Abstimmungen mit Stimmzetteln stattgefunden haben. Zur
Gewährleistung
geheimer Abstimmungen (Art. 28 Abs. 2 Satz 1, Art. 29 Abs. 5
LWG) war
es aber sehr wohl erforderlich,
daß vorhandene Wahlblenden bei der Stimmabgabe benutzt wurden.
Soweit
ich geltend mache, die Delegierten hätten so nahe beieinander
gesessen, daß sie sich gegenseitig beim Ausfüllen der
Stimmzettel hätten
beobachten können, handelt es sich zum eine unmöglich näher
spezifizierbare Behauptung. Sie ist durch die Benennung von
Zeugen
unter Beweis gestellt.
Es
kommt überhaupt nicht darauf an, ob eine verdeckte
Kennzeichnung der
Stimmzettel beispielsweise durch eine entsprechende
Körperhaltung unmöglich
gewesen wäre. Es war möglich mit der freien Hand oder durch ein
weites Vorbeugen unbeobachtet abzustimmen. Aber
das kann dem Wesen der unverzichtbaren geheimen, freien,
unbeeinflußten Wahl nicht genügen, die nicht nur den
Abstimmenden schützen
soll. Allein zu den wenigen zu gehören, die sich offensichtlich
nicht
zuschauen lassen wollen, brandmarkt zum „unsolidarischen“
Außenseiter
und kann psychisch zu einer dem Mainstream angepaßten
Stimmabgabe führen.
Zu tatsächlichen
Einsichtnahmen muß es zur Rechtfertigung der
Wahlbeanstandung
nicht gekommen sein. Damit ist auch nicht notwendig, sie unter
Beweis
zu stellen.
Daß sich Delegierte die ausgefüllten
Stimmzettel gezeigt haben, habe ich lediglich erwähnt, um die
Ahnungslosigkeit der Unterzeichner der eidesstattlichen
Versicherungen
zu demonstrieren.
Ich hatte vorgetragen:
“Die mit den Wahlkreisvorschlägen
vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sind
insoweit
unrichtig, als geheime Abstimmung behauptet wird. Die auf diese
Weise
den Eid ablegenden Personen waren sich über die Definition
der geheimen Abstimmung offensichtlich nicht im Klaren.
Für
diese Ahnungslosigkeit spricht der Umstand, daß einzelne
Delegierte
sogar ihren ausgefüllten Stimmzettel
ihren Nachbarn gezeigt haben.“
Um die Wahl anfechtbar zu machen, genügt,
daß von den aufgestellten Wahlkabinen kein Gebrauch gemacht
wurde und
auch sonst keine Maßnahmen getroffen worden sind, daß alle
Delegierten unbeobachtbar hätten abstimmen MÜSSEN.
Daß die aufgestellten Wahlkabinen
nicht benutzt wurden, geht auch aus der Beschlußvorlage des
Landtags
(Seite 28) hervor und hätte sich auch aus einer Anhörung der
benannten Zeugen ergeben. Aufgabe des Bayerischen
Verfassungsgerichtshofs wäre schon gewesen, eine
Beweisaufnahme
durchzuführen, wenn er Zweifel gehabt hätte, ob tatsächlich so
abgestimmt wurde, daß sich die Delegierten beim Ausfüllen der
Stimmzettel gegenseitig zusehen konnten.
Ob es tatsächlich zu Einsichtnahmen
gekommen ist, ist – wie vorgetragen - für die Entscheidung
unerheblich.
Allein
das Bestehen der Möglichkeit, das
Ausfüllen des Stimmzettels zu beobachten, kann die freie
Entscheidung
verhindern und hätte zur Ungültigerklärung der Wahl führen
müssen.
Unerfindlich
ist, warum die Aussage des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
„Soweit
der Antragsteller geltend macht, die Delegierten hätten nicht
unbeeinflusst abstimmen können, betrifft dieser Gesichtspunkt
den
Grundsatz der Freiheit der Wahl (VerfGH vom 24.11.1966 = VerfGH
19,
105/110), der bei der Aufstellung von Kandidaten für die
Landtagswahl
ebenfalls zu beachten ist (vgl. BVerfGE 89, 243/251).“
zu
folgendem Schluß führen kann:
„
Auch insoweit sind konkrete Wahlfehler jedoch nicht erkennbar.“
Denn
das ist ja gerade der ganze Inhalt der Wahlbeanstandung.
Die
Wahlanfechtung betrifft eine schon sehr lange gebräuchliche,
weit
verbreitete Handhabung des Wahlgeheimnisses und könnte im
Erfolgsfall
zu einer noch nie da gewesenen Veränderung der politischen
Landschaft
führen. Damit wäre wohl eine so hohe Eingriffsintensität
gegeben, daß
sich das
Bundesverfassungsgericht nach seiner bisherigen Rechtsprechung
veranlaßt
sehen könnte, falls notwendig, den Sachverhalt selbst zu
ermitteln und
anders als das in diesem Fall als Fachgericht wirkenden
Bayerischen
Verfassungsgerichtshofs zu deuten. Vgl. Limbach/Kenntner S. 15.
Zum Beispiel durch Anhörung der benannten Zeugen.
Mit freundlichen
Grüßen
Alfred Mayer
Dem Bundesverfassungsgericht lagen auch folgende Stichpunkte vor:
Wahlanfechtung
Landtagswahl 2008
Stichpunkte
Geheime
Abstimmung
ist im Grundgesetz, in der Bayerischen Verfassung, im
Parteiengesetz
sowie im Wahlgesetz unverrückbar vorgeschrieben.
Es gilt
klarzustellen, was
unter geheimer Abstimmung zu verstehen ist und ob die
Abstimmenden
darauf verzichten können.
Geschütztes
Rechtsgut
Geschützt ist nicht
nur der
einzelne Stimmberechtigte vor der Offenbarung seiner
politischen
Gesinnung. Vielmehr haben auch die Allgemeinheit und jeder
einzelne
Wahlbürger das Recht auf ein lückenloses Zustandekommen der
Legitimationskette zwischen Bürger und Regierenden, die das
Wesen der
Demokratie ausmacht.
Das Wahlgeheimnis
soll nicht nur den Wählenden persönlich schützen,
sondern
auch die Gesellschaft zur Sicherung einer demokratisch zustande
kommenden Volksvertretung.
Damit bedarf keiner
weiteren
Erläuterung, daß der einzelne Stimmberechtigte nicht auf das
Wahlgeheimnis verzichten kann.
Substantiierung
Ausreichend
konkret
dargetan ist, daß keinerlei Vorsorge getroffen worden sei,
daß
ausnahmslos jeder Stimmberechtigte sich hätte gezwungen sehen
müssen,
die Stimmzettel verdeckt auszufüllen. Wie das geschehen muß,
schreibt
das Gesetz zwar für die Aufstellungsversammlung und die ihr
vorausgehenden Delegiertenwahlen nicht ausdrücklich vor. Bei
verständiger
Würdigung bleibt zur lückenlosen Verwirklichung des Gebots der
geheimen Wahl der Versammlungsleitung wohl keine andere
Möglichkeit,
als die Benutzung von Wahlkabinen oder Wahlblenden
durchzusetzen. Zwangsmittel hat der Versammlungsleiter
zwar
nicht, es reicht aber, wenn er (jedenfalls nach der hier
angebahnten
gerichtlichen Klärung der Rechtslage) auf die Vergeblichkeit
und die
schwerwiegenden Folgen jeder anderen Handhabung hinweist.
Auf Seite 28 der
Beschlußvorlage
des Landtags zur hier gegebenen Wahlanfechtung ist
festgehalten, daß
zwar Wahlkabinen aufgestellt waren, aber üblicherweise von den
Delegierten nicht genutzt würden. Die jederzeit in allen
Parteien
gegebene Möglichkeit, mit der freien Hand oder dem weit nach
vorne
gelegten Oberkörper geheim abzustimmen oder eine der da und
dort sogar
aufgestellten Wahlkabinen zu nutzen, sichert die in der
Verfassung
garantierte freie Abstimmung nicht.
In der
Ausschußsitzung über
die Wahlanfechtungen äußerte sich der Vorsitzende und
Berichterstatter nach der Vorstellung meiner Anfechtung
wörtlich wie
folgt:
„Das ist so. Es
liegen
aber eidesstattliche Versicherungen vor, daß die Abstimmungen
geheim
erfolgt sind“
Der
Mitberichterstatter erklärte,
überall seien Wahlblenden und Wahlkabinen aufgestellt gewesen.
Es habe
aber keinen Zwang zur Nutzung gegeben.
Was bei der
Abstimmung von
Millionen Wählern zu Recht zwingend vorgeschrieben und ohne
weiteres möglich
ist, muß auch bei der Abstimmung von einigen hundert
Stimmberechtigten
gelten. Könnte man die geheime Wahl auch ohne Wahlkabinen oder
Wahlblenden sichern, wäre diese Möglichkeit in den Wahllokalen
für
das Volk sicherlich schon erprobt worden.
Demokratie ist die
einzige
nachhaltige, lebenswerte Regierungsform,
wenn die Regierenden die
Verfassung achten. Nach der Verfassung geht alle Macht
vom Volke aus, also muß ein Höchstmaß an
Mitsprache
und Mitentscheidung jedes Bürgers ermöglicht werden.
Grenzen dürfen
allein durch die Organisierbarkeit gezogen werden. Die Macht
wird delegiert, aber die Delegation muß immer wieder neu
von jedem einzelnen Bürger aus erfolgen, etwa durch Wahlen, bei
denen
zum Beispiel jeder Bürger
mit bestimmen können muß, wer zur Wahl gestellt wird. In den
großen
Parteien werden zum Beispiel in vielen Regionalversammlungen
Delegierte
in die Aufstellungsversammlung gewählt. Auch die Wahl der
Delegierten
muß kraft Gesetzes geheim
erfolgen.
Jeder Bürger kann
Mitglied einer Partei werden und muß dort frei
mitbestimmen
können, was nur durch geheime Abstimmung möglich ist. Deshalb
hat das
Wahlgeheimnis als Teil des Rechts auf freie Wahlen auch
Verfassungsrang, auch für die Aufstellungsversammlungen und
die
vorausgehenden Delegiertenwahlen in den Parteien als wesentlicher
Bestandteil des Wahlvorganges.
Zwischen Bürger und
Kandidaten ist die Legitimationskette unterbrochen, wenn
bei der
Kandidatenwahl und der Wahl
der Delegierten nicht frei gewählt werden kann.
Aufstellung
der Kandidaten Wahlvorbereitung oder Teil der Wahl ?
Das
Verwaltungsgericht München
spricht in einem die Wahlanfechtung zurückweisenden Urteil vom
1.7.2009 von „vorbereitenden Listen“, an die ein geringerer
Maßstab
anzulegen sei. Das ist eine unzulässige Verniedlichung. Denn
immer
wenn der Begriff „Vorbereitung“ gebraucht wird, werden
keine endgültigen Entscheidungen getroffen. Ganz anders
die
Aufstellungsversammlung. Sie legt endgültig und bindend fest,
wer den
Wählern zur Auswahl steht und wer nicht. Alle nicht
aufgestellten
Personen sind von der Wählbarkeit in der jeweiligen Partei für
die
laufende Wahl
ausgeschlossen. Es ist inakzeptabel, da von bedeutungslosen
„vorbereitenden Listen“ zu sprechen.
Während bei der
Kandidatenaufstellung alle wählbaren Bürger (Nicht nur
Parteimitglieder) einer Kommune zur Auswahl
stehen, steht bei der Wahl selbst durch den Bürger nur
die
Vorauswahl durch die Parteien zur
Wahl. Warum da bei der Kandidatenaufstellung geringere
Anforderungen an
die geheime Abstimmung gestellt werden
sollten, ist unerfindlich und „staatstragend“
zielorientiert. Es kann
nicht gesagt werden, daß in der Aufstellungsversammlung
n u r die Grundlage
für die Wahl geschaffen werde. Denn es handelt sich um den
fast
alles entscheidenden Teil der Wahl. Der in einer
Aufstellungsversammlung Abstimmende hat einen unvergleichlich
höheren
Einfluß auf das Wahlergebnis als der Wähler im Wahllokal.
Das wird um so
deutlicher,
wenn man sich mal vorstellt, was die idealste Form einer
demokratischen
Wahl wäre. Man stelle sich vor, daß
alle Bürger zur Wahl stehen würden, der Wähler
bei der Stadtratswahl z.B. in München bis zu 8o
Namen beliebiger Mitbürger auf den Wahlzettel setzen
könnte.
Gewählt wären die Personen, die die meisten Stimmen bekommen
hätten
(Unmittelbare Demokratie). Obwohl nicht zu erkennen ist, was
einem
solchen Wahlverfahren entgegenstehen sollte, hat sich der
Gesetzgeber
für die viel kompliziertere Parteiendemokratie
entschieden
(Mittelbare Demokratie). Dagegen will ich nicht anrennen. Die
Parteiendemokratie kann
aber nicht dazu führen, daß in den Parteien jeweils ein kleiner
Kreis
unter Ausschluß der Öffentlichkeit bestimmen können darf, wer
kandidieren darf und wer nicht, zumal auch der Kreis der
Parteien durch
die 5%Klausel sehr begrenzt ist.
Wer in der Politik
von
seinem Recht zur Mitbestimmung Gebrauch machen will, ist
weitestgehend auf
die bestehenden Parteien angewiesen. Bei abweichender
(vielleicht
der einzig richtigen und zeitgemäßen) Programmatik hat er ohne
strikter Einhaltung des Wahlgeheimnisses nicht die geringste
Chance,
von dem Auswahlgremium als Kandidat vorgestellt zu werden. Er
kann sich
zwar ohne den Segen des Auswahlgremiums um jeden Listenplatz
bewerben,
angesichts der offen ausgefüllten Stimmzettel ist er aber
chancenlos
und wird „Extratouren“ bleiben
lassen. Der noch nie so
da gewesene Wandel in fast allen Bereichen macht aber
abweichende
Programmatik und besonders qualifizierte Volksvertreter
erforderlich,
wenn diese Gesellschaft weiter Bestand haben soll.
Die Parteien drängen
sich
in den Auswahlprozeß, der in der Idealvorstellung dem
Wähler
selbst zustehen würde. Die Parteien haben zum Ausgleich dafür
zu
sorgen, daß die Legitimationskette nicht durchtrennt wird bzw.
die
demokratischen Spielregeln eingehalten werden. Parteien sind
keine
Vereine, die tun und lassen können, was sie wollen.
Der
Nationalsozialismus hat
in schauderhafter Weise gezeigt, wie wichtig eine demokratische
Kontrolle der Parteien ist.
Wenn jedes
Parteimitglied
ein echtes Mitentscheidungsrecht hätte, würde es wieder
mehr Parteieintritte
und Kandidaturen – auch von Idealisten und nicht in erster
Linie
Karrieristen – geben.
Das Mittelmaß
hätte
weit weniger Chancen, immer wieder für Nachwuchs des gleichen
Kalibers
zu sorgen und Begabungen auszubremsen, um die eigene
Position
nicht zu gefährden.
Wenn wieder Kandidaten
mit Format zur Wahl stehen würden, wäre das auch ein
Beitrag
gegen die vielbeschworene Wahlmüdigkeit und Wahlverdrossenheit.
Der Bundespräsident
hat
für mehr Mitspracherechte der Bürger geworben. Würden
die
Kandidaten für Wahlämter demokratisch bestimmt, wäre schon viel
gewonnen. Das meinte der wackere Präsident allerdings sicher
nicht.
Der Umbruch in
Gesellschaft, Wirtschaft und Lebensbedingungen, Ökologie ist
mit den
augenblicklichen Politikern nicht zu meistern. Wir brauchen
möglichst
viele begabte und ethisch einwandfreie Menschen in der Politik.
Überlebenswichtige
neue Ideen harren der Umsetzung.
Wer zur
Demokratie steht,
muß konsequenterweise auch für ein Höchstmaß an
Mitsprache
und Mitbestimmung sorgen, daß also wirklich jeder
mitentscheiden
kann, soweit das zu organisieren ist.
Die geheime
Abstimmung
in Aufstellungsversammlung ist organisierbar. Das ist
eine der
leichtesten Aufgaben, die auf uns warten, um den Fortbestand
unserer
Zivilisation zu sichern.
Keine Partei
wird mit Druck Stimmberechtigte zum offenen Abstimmen
zwingen.
Vielmehr entsteht
der Druck
durch die begründete oder unbegründete Befürchtung des
Abstimmenden,
das verdeckte Abstimmen könnte als unsolidarisches Verhalten
gedeutet
werden und ihm Nachteile einbringen.
In Wirklichkeit
braucht also
der Stimmberechtigte nicht um sein Recht auf seine eigene
geheime
Abstimmung kämpfen. Es ist ganz einfach niemand da, gegen den
er kämpfen
könnte. Die Folgen einer
Normabweichung sind im Ungewissen. Wer nicht unangenehm
auffallen will,
folgt dem vorgegebenen Trend und kann dann unbesorgt offen
abstimmen.
Auch das erhellt,
daß die
einzige Abhilfe nur die zwingende geheime Abstimmung in dafür
der
Einsicht entzogenen Bereichen sein kann.
Es hätte auch keinen
Sinn,
sich als Einziger als Musterschüler bloß zu stellen, zumal in
der
Regel eine einzige Stimme nichts verändert.
Bei wirklich
geheimer
Abstimmung ist aber je nach „Wetterlage“ mit
wesentlich mehr „Abweichlern“ zu rechnen.
Die bisherige Praxis
hat
noch dazu zur Folge, daß sich auf
viele Plätze nur jeweils die Interessenten melden, die aus dem
Vorstandsbereich dafür vorgesehen sind. Damit entscheidet der
Vorstand
abschließend über die Reihenfolge und darüber, ob jemand
überhaupt
kandidieren darf und nicht die Versammlung.
Eine große Rolle
spielt
auch, der Öffentlichkeit oder besser beschrieben der Presse
Geschlossenheit zu demonstrieren und damit die eigenen
Vorstellungen
der Delegierten zurückzustellen.
Bezeichnend ist
auch, daß
die Besetzung aussichtsreichen Listenplätze schon Wochen vor
den
Aufstellungsversammlungen in den Medien als feststehend
dargestellt
wird.
Folgen
in der Parlamentsarbeit
Die absolute
Abhängigkeit
der Abgeordneten von den (in der Regel auch nicht frei
gewählten)
parteilichen Auswahlgremien zwingt die nach der Verfassung nur
ihrem
Gewissen verantwortlichen Abgeordneten zum Fraktionszwang und
zur äußersten
Zurückhaltung in parlamentarischen Debatten. Reden darf de
facto
nur, wer vom Fraktionsvorstand die Erlaubnis erhält. Wer
von
seinen parlamentarischen Rechten voll Gebrauch machen würde,
würde
bei der nächsten Wahl nicht mehr aufgestellt. Damit wird die
Parlamentsarbeit auch nur von wenigen Leuten bestimmt. Oft von
den
gleichen, die über die Wiederaufstellung bei der nächsten Wahl
bestimmen.
Könnten die
Delegierten
geheim, also frei, abstimmen, könnten sich in der
Parlamentsarbeit
erfreuliche und zukunftsträchtige Änderungen
ergeben, die sich die Väter des Grundgesetzes gewünscht
haben
dürften und auch das Anliegen jedes redlichen Bürgers sein
müßten.
Die Auswahlgremien
können
nicht immer die Möglichkeiten eines Bewerbers, hohe
Parteispenden,
unbeachtet lassen. Wenn also die Vorauswahl durch Gremien nicht
mehr
entscheidend wäre, könnte auch der ausufernde Lobbyismus
eingedämmt
werden.
Der
Befangenheitsantrag gegen Parteimitglieder, die schon an
Aufstellungsversammlungen teilgenommen haben, nicht beachtet.
Die
Hinweise des Gerichts auf eine Rechtsprechung dazu beziehen
sich auf
die Frage, ob Parteimitglieder überhaupt Verfassungsrichter
sein können.
Hier geht es aber um die
Befangenheit, eigenes Verhalten beurteilen zu müssen.
Wenn
nicht genügend Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
parteifrei sein sollten, müßte der
Landtag weitere Mitglieder bestellen, um das Verfahren
durchführen zu
können.
Verletzung des rechtlichen Gehörs für die dem
Verfahren beigetretenen Bürger
Damit
das Gericht das Verfahren überhaupt aufnehmen konnte, mußten
mindestens 100 Stimmberechtigte dem Verfahren beitreten. Obwohl
fast
alle darauf angesprochenen Bürger mein Anliegen plausibel
hielten,
stieß die Notwendigkeit eines ausdrücklichen Beitritts
auf Bedenken. Nur wenige wollten einem Gerichtsverfahren
beitreten.
Jetzt
stellt sich heraus, daß das Gericht nur mich zur Verhandlung
geladen
hat, weil das Gesetz nur die Ladung des Antragstellers vorsehe.
Doch
wer einem Antrag beitritt, wird selbstverständlich
auch zum Antragsteller. Dabei spielt keine Rolle, daß der
Antrag eine
vorausgehende Anfechtung voraussetzt, wenn das Gesetz
ausdrücklich ermöglicht,
daß auch Bürger ohne eigene Anfechtung dem Antrag beitreten
können
und müssen.
Wer
seinen Kopf hinhalten muß, hat auch einen Anspruch auf Gehör
und
Mitwirkung.
Kosten
einer Wahlwiederholung
sind ein Klacks gegenüber
den Schäden durch eine inkompetente Regierung. Ich erspare mir
die
Nennung der katastrophalen Entscheidungen und Fehlleistungen
der
letzten Jahre, Monate und Wochen.
Die Regelungen für
die
Wahlanfechtung in den unterschiedlichen Wahlgesetzen lassen
nicht zu,
daß ein vor der Wahl entstandener und noch behebbarer Mangel
noch vor
der Wahl gerichtlich beanstandet werden kann.
Ferner führt aus
unerfindlichen Gründen schon der Fehler einer einzigen Partei
zur
Aufhebung und Wiederholung der ganzen Wahl.
Das lädt den
Gerichten die
Bürde auf, durch die korrekte Anwendung des Gesetzes
Millionenschäden
durch
Neuwahlen entstehen zu lassen.
Das zu korrigieren
ist aber
nicht Aufgabe der Gerichte, sondern der Politik. Die Justiz
sollte sich
nicht zu „staatstragenden“ Entscheidungen gezwungen sehen.
Die von den Parteien
in
aller Unschuld vorgelegte eidesstattliche Versicherung,
wonach
die Abstimmungen in der Aufstellungsversammlung geheim
durchgeführt
worden sei, geht von dem seit Jahrzehnten gepflegten naiven
Verständnis
aus, daß das Wahlgeheimnis erst mit der Abgabe der
(zusammengefalteten) Stimmzettel zu beachten und freigestellt
sei, ob
man sich beim Ausfüllen der Stimmzettel zuschauen läßt oder
nicht.
Ein Erfolg der Klage
würde
keine Meineidsverfahren nach sich ziehen. Also auch da sind dem
Gericht
nicht die Hände gebunden.
In der DDR war das
bei uns
in den Parteien geübte Wahlverfahren im öffentlichen Wahllokal
üblich.
So gut wie alle Bürger füllten ihre Stimmzettel offen aus. Das
führte
zu Wahlergebnissen von nahe 100 % zugunsten des bestehenden
Systems.
Genau dieser hohe
Zustimmungsgrad ist bei den Abstimmungen in den Parteien nicht
selten,
auch bei den Aufstellungsversammlungen.
Bei uns sieht zwar
nicht zu
Stasi zu, aber wesentlich geringfügigere Nachteile reichen
schon aus,
um sich systemgerecht zu verhalten.
Die
Zeit drängt
Ich vermute, daß in
keinem
Land der Welt auf geheime Abstimmung bei der
Kandidatenaufstellung
geachtet wird. Die rund um den Erdball tätigen Wahlbeobachter
der UN
achten vermutlich nur auf den öffentlichen Teil der Wahl. In
vielen Ländern
haben die Wähler auch keine richtige Auswahl. Wie abgeschwächt
bei
uns, hat man auch dort nur die Wahl zwischen Scylla & Karyptis.
Ein
demokratischeres Auswahlverfahren könnte auch bei uns einiges
ändern.
Es
geht also um mehr als auf den ersten Blick erkennbar und es
sollte sich
bald etwas ändern, nicht erst nach vielen Jahren durch die
Europäische
Gerichtsbarkeit.
Losgelöst
von diesem Verfahren hat die CDU in NRW in einer Handreichung
genau das
ihren Kreisverbänden empfohlen, das wir vor dem
Verfassungsgerichtshof
erreichen wollen. Dort wird zwar auch davon ausgegangen, daß
für die
Aufstellungsversammlung keine gesetzlichen Vorgaben wie im
öffentlichen
Wahllokal bestehen, die geheime Abstimmung aber gesichert sein
müsse,
was nur durch den Zwang zur Nutzung von Wahlkabinen erreichbar
sei.
So
lange die Delegierten nicht so weit von einander entfernt
sitzen wie
bei der Juristischen Staatsprüfung und außerdem während der
Abstimmungen niemand herumlaufen darf, können nur Wahlkabinen
die
freie Wahl sichern.
In
der Handreichung heißt es wörtlich:
„Wahrung
der geheimen Abstimmung
Die
Bewerber und ihre Reihenfolge müssen durch die
Aufstellungsversammlung
in geheimer
Abstimmung
bestimmt werden. Werden die Bewerber und ihre Reihenfolge
durch
eine Delegiertenversammlung nominiert, müssen auch die
Delegierten für
die Delegiertenversammlung
durch
die Mitglieder- oder Anhängerversammlung in geheimer
Abstimmung
bestimmt werden (§ 17 Abs. 2 KWahlG).
Die
an die geheime Abstimmung zu stellenden Anforderungen bestimmen
sich
nach
dem
Ziel, sicherzustellen, dass
1.
jede abstimmende Person unbeobachtet von anderen
Versammlungsteilnehmern
ihren
Stimmzettel ausfüllen kann und auch tatsächlich ihren
Stimmzettel
verdeckt
kennzeichnet (Unterbindung von offenen Stimmabgaben)
und
2.
die Entscheidung jeder abstimmenden Person auch nach ihrer
Stimmabgabe
geheim
bleibt.
Somit
hat die Partei oder Wählergruppe durch geeignete Vorkehrungen
dafür
Sorge
zu
tragen, dass das Abstimmungsgeheimnis während und nach der
Stimmabgabe
gewahrt
bleibt.
Für
die Bestimmung der Bewerber und ihrer Reihenfolge durch die
Aufstellungsversammlung
gelten
nicht die gleichen Vorschriften und Standards wie für die
allgemeinen
Kommunalwahlen
am Wahltag in den Wahllokalen. Gleichwohl empfiehlt
es
sich, bestimmte Standards, die bei allgemeinen Wahlen zwingend
vorgeschrieben
sind,
einzuhalten:
Zur
Sicherung des Abstimmungsgeheimnisses sind bestimmte
Schutzvorrichtungen wie
Abstimmungskabinen
nicht zwingend vorgeschrieben. Voraussetzung hierfür ist
aber,
dass auch ohne Bereitstellung entsprechender
Schutzvorrichtungen die
Stimmzettel
verdeckt
gekennzeichnet und ohne Einblicknahme anderer
Versammlungsteilnehmer
abgegeben
werden können. Diese Voraussetzung dürfte regelmäßig nicht
gegeben
sein,
wenn die Aufstellungsversammlung in einem – gemessen an der
Anzahl
der erschienenen
Versammlungsteilnehmer
– kleinen Raum stattfindet. In einem solchen Fall
kann
also die Bereitstellung von geeigneten Schutzvorkehrungen wie
Abstimmungskabinen
sogar
geboten sein. Infolgedessen kann die Frage nach dem Erfordernis
solcher
Schutzvorkehrungen
immer nur auf Grundlage der konkreten Verhältnisse des
Einzelfalles
entschieden
werden.“
Veröffentlicht in
http://www.kpv-nrw.de/downloads/Handreichung_Kandidatenaufstellung_KWahl_2009_V_Rum_.pdf
Europawahl
Inzwischen habe ich auch die Europawahl angefochten, über die der Bundestag selbst entscheiden konnte. Klar, wie.
Die Anfechtung liegt dem Bundesverfassungsgericht als Fachgericht vor. Näheres u.a. bei www.demokratievonunten.de